WALTRAUD SCHWAB GEMÜSE IST MEINE WURST
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Immer donnerstags in aller Herrgottsfrühe klingelt der Bauer, bringt die Gemüsekiste und kassiert. Zehn Euro plus Trinkgeld. Früher, als ich diese Kolumne noch nicht schrieb, habe ich ihm 100 Euro im Voraus gegeben, um ihm meinen Anblick zu ersparen. Denn Thomas, der Bauer und Anarchist, bekommt mich ungeschminkt zu Gesicht. Er hat in den letzten 15 Jahren den Verlauf meiner Reifung mitbekommen, ich wiederum sah, wie seine langen blonden Haare allmählich ergrauten.

Gemüsekisten sind eine Zumutung. Ständig muss man um sie herum planen und kochen. Im Winter heißt das: mit Wurzeln und Kohl. Über die Jahre habe ich erfahren, dass das nicht jeden Winter gleich ist. Meist nämlich gibt es ein Gemüse, von dem Thomas im Überfluss hat. Warum, weiß ich nicht, wegen der Fruchtfolge wohl. Einmal war es ein Pastinakenwinter. Oh Gott, eine Delikatesse, die auf Dauer zum Fluch wird. Dann ein Rotkohlwinter, bis heute habe ich Konserven mit eingemachtem Kraut. Der Weißkohlwinter wiederum war noch schlimmer. Die Tante meiner Freundin nahm uns die Köpfe dankbar ab, sie wickelte sich die Kohlblätter um die Hände, um ihre Arthrose zu lindern.

Dieses Jahr ist es der Mangold. Das Wetter ist so mild, das lässt ihn trefflich gedeihen. Es könnte so schön sein, mit warmem Mangoldsalat zum Beispiel, allein, ich kann keinen mehr leiden.

In der Kiste waren: 500 g Mangold, 1 kg Kartoffeln, 2 kleine Wirsingköpfe, 1 kg Birnen, 1 kg Äpfel, 1 kg Zwiebeln, 1 Sellerie.

Die Birnen habe ich gegessen, einige Äpfel in den Selleriesalat gerieben und den Mangold verschenkt. Die Wirsingköpfe wiederum trug ich an Weihnachten zu meinen Freundinnen ans Meer. Sie haben sie mit Zwiebeln in Butter angedünstet und mit Sahne abgelöscht. Geschmacksglitzern.

Abwechselnd besprechen wir hier Würste und bedienen uns aus der winterlichen Gemüsekiste