Neues Gruselkabinett in der Slowakei

Der Wahlsieger und Chef der linken Smer-Partei Róbert Fico koaliert mit der Partei des autoritären Expremiers Mečiar und der rechtsextremistischen Slowakischen Nationalpartei. Beobachter befürchten nun einen Rückzug ausländischer Investoren

VON ULRIKE BRAUN

Es ging dann doch schneller als erwartet: Knapp zwei Wochen nach den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 17. Juni hat die Slowakei eine neue Regierung. Der Koalition unter dem designierten Ministerpräsidenten und Chef der linksgerichteten Smer-Partei, Róbert Fico, werden auch die Mitte-links-Partei Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) des früheren autoritären Regierungschefs Vladimír Mečiar sowie die rechtsextreme Slowakische Nationalpartei SNS angehören. Smer, die die Wahlen gewonnen hatte, wird 11 der 16 Regierungsmitglieder stellen. Drei Ministerposten erhält die SNS, zwei die HZDS.

Ein mögliches Zusammengehen Ficos vor allem mit der Rechtsaußenpartei SNS war bereits in der vergangenen Woche im In- und Ausland heftig kritisiert worden. Fico habe die „schlechteste Kombination gewählt, die den Zustand dieser Gesellschaft nicht reflektiere“, urteilt der slowakische Politologe Samuel Abraham. Fico wisse nicht, was gut und was schlecht für die Slowakei sei. Auch bei den Europäischen Sozialisten, zu denen Smer gehört, wurde Unmut laut. Man werde die Zusammenarbeit aufkündigen, sollte Fico mit der SNS paktieren, hieß es.

Doch der künftige Premier ist überzeugt, richtig zu handeln. Die neue Koalition ermögliche der Slowakei, ein Sozialstaat zu werden, ließ er seinen Kritikern ausrichten. Fico, der zwischen 1994 und 2000 die Slowakei beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vertrat, geht es vor allem darum, die liberalen Reformen seines Amtsvorgängers Mikuláš Dzurinda zu entschärfen. Das, so glaubt Fico, könne nur mit Parteien gelingen, die nicht der Vorgängerregierung angehört haben. Die Slowakei, so Ficos Wahlversprechen, soll sozialer werden. Die Einheitsteuer will er teilweise abschaffen und unpopuläre Reformen wie Praxis- oder Krankenhausgebühren abschaffen. Auch für seine Kritiker in Brüssel hatte er gleich eine Antwort parat. „Smer steht für eine proeuropäische Politik, garantiert die Erfüllung sämtlicher außenpolitischer Verpflichtungen und wird die Rechte nationaler Minderheiten weiter sichern“, sagte Fico.

Ob ihm in Sachen Minderheitenschutz positive Resultate gelingen werden, ist äußerst zweifelhaft. Schließlich verdanken der SNS-Vorsitzende Ján Slota und seine SNS ihre Popularität einer äußerst aggressiven Politik gegenüber den Minderheiten der Ungarn und Roma. Bei seinem ersten Fernsehauftritt nach der Einigung auf eine Koalition hetzte Slota in bekannter Manier gegen „ungarische Mörder“, „Lumpen aus der Ungarnpartei“ und „Schwule“. Der Oberbürgermeister der nordwestslowakischen Stadt Žilina hatte 2001 international auf sich aufmerksam gemacht, indem er in seiner Stadt dem slowakischen Priester Josef Tiso eine Gedenkplakette widmen ließ. Tiso war von 1939 bis 1945 von den Nazis als Präsident des slowakischen Nazi-Satelliten installiert worden.

Weder Slota noch der HZDS-Chef Vladimír Mečiar werden ein Ministeramt übernehmen. Stattdessen werden sie hinter den Kulissen in einem so genannten Koalitionsrat mitmischen. Dieser soll eine reibungslose Zusammenarbeit der Koalitionspartner sicherstellen.

Doch viele Beobachter in der Slowakei sehen große Probleme auf das Land zukommen. „Diese Dreierkombination kann ungeahnte Ereignisse auslösen“, fürchtet der slowakische Publizist Milan Žitný. Wegen der von Fico angekündigten Wirtschaftsreformen, so spekulierten gestern slowakische Medien, könnten ausländische Investoren dem Land alsbald den Rücken kehren.

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