Meisterwerke zuhauf

TRAUMMUSEUM Nach zwei Jahren Sanierung und der lange erwarteten Fertigstellung des Anbaus wurde das Düsseldorfer K20 am Wochenende wiedereröffnet. Die Modernisierung des Museums für Kunst des 20. Jahrhunderts gelang angemessen dezent

Ab 11. September zeigt das K20 die Joseph- Beuys-Ausstellung „Parallelprozesse“ mit Zeichnungen, Objekten, plastischen Bildern und Relikten von Beuys’ Fluxus-Aktionen

VON DAMIAN ZIMMERMANN

Mehr als zwei Jahre dauerten die Um- und Neubauarbeiten am K20, dem Museum für „Kunst des 20. Jahrhunderts“, das zusammen mit dem K21 und dem Schmela-Haus die „Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen“ bildet. Am Samstag wurde das neue Museum nun mit einem großen Fest eröffnet – und die Besucher können sich jetzt auf ein gänzlich unspektakuläres, ihnen dafür aber sehr vertrautes Museum freuen. Denn mit der Grundsanierung des bestehenden Gebäudes und seiner Erweiterung beauftragt wurde das Architekturbüro Dissing + Weitling aus Kopenhagen, das bereits 1986 für den Neubau des K20 verantwortlich war. Und die Modernisierung und Anpassung an aktuelle Präsentationsformen kann als dezent, aber angemessen bezeichnet werden.

So wurden nach 25 Jahren Nutzung die Fenster und Lichtsegel ausgetauscht sowie Heizungs- und Lüftungstechnik komplett erneuert. Das Gleiche gilt für die Sicherheitstechnik, die ein Update erhalten hat. Auch wurden mit variablen Wänden neue Laufwege gestaltet, die die Besucher in Form eines Parcours gezielter zu Kunstwerken und Themennischen führen. Und davon hat das K20, das zu den wichtigsten Adressen für die Klassische Moderne in Deutschland zählt und auch schon mal „heimliche Nationalgalerie“ genannt wird, eine Menge zu bieten. Jackson Pollocks vielleicht radikalstes Werk, „Number 32“, ist ebenso zu sehen wie René Magrittes „Vergnügen“ und Andy Warhols „Big Torn Campbell’s Soup Can (Black Bean)“, das die wohl berühmteste Dosensuppe der Welt ironischerweise in einer zerrissenen Variante zeigt. Aber auch Bacon, Picasso, Matisse, Dix, Ernst, Kandinsky, Mondrian und Rauschenberg gehören wie selbstverständlich zu der Sammlung – und Paul Klee sowieso, denn mit 88 seiner Zeichnungen wurde 1960 der Grundstock für die Kunstsammlung NRW gelegt.

Die trägt übrigens klar die Handschrift ihres ersten und langjährigen Direktors Werner Schmalenbach, der mit großer Sachkenntnis, absolutem Instinkt und Weitsicht Meisterwerke zuhauf nach Düsseldorf brachte. Umso tragischer ist es, dass Schmalenbach am Dienstag und somit nur vier Tage vor der offiziellen Eröffnung des neuen K20 im Alter von 89 Jahren verstarb. Die wichtigste Neuerung konnte er somit gar nicht mehr miterleben – die Erweiterung der Ausstellungsfläche um 2.000 auf insgesamt über 5.000 Quadratmeter.

Die war auch dringend nötig, denn ständig mussten Werke ins Depot gebracht werden, um Platz für Wechselausstellungen zu schaffen, wie die derzeitige Direktorin Marion Ackermann klagt. Diese Ausstellungen sollen nun in den beiden übereinanderliegenden und ohne Stützen auskommenden Hallen des Neubaus stattfinden. Doch während die obere „Konrad und Gabriele Henkel Galerie“ mit ihrem Parkettboden und der für die Eröffnung „notgelandeten“ (oder noch nicht gestarteten) Heißluftballon-Installation „T.Y.F.F.S.H.“ von Kris Martin zu überzeugen weiß, hängen zur Eröffnung in der unteren Klee-Halle mehrere hundert trostlose, ineinandergesteckte Lkw-Schläuche von der viel zu hohen Decke. Die Objekte von Michael Sailstorfer sollen Wolken symbolisieren, wirken allerdings bestenfalls dekorativ und unterstreichen noch den trostlosen Charme einer ungenutzten Messehalle. Man kann nur hoffen, dass sich das mit der ersten Ausstellung ändern wird: Ab dem 11. September zeigt das K20 die Joseph-Beuys-Ausstellung „Parallelprozesse“ mit 300 Rauminstallationen, Zeichnungen, Objekten, plastischen Bildern und Relikten von Beuys’ Fluxus-Aktionen.

Gelungener wirkt hingegen schon jetzt die Umgestaltung des ehemaligen Cafés Zwey im zweiten Obergeschoss durch Joep van Lieshout mit neuen Tischen, Stühlen, Lampen, einem Bücherregal und Geschirr. Am Grundproblem, dass das Café auch (oder erst recht) nach der insgesamt 40 Millionen Euro teuren Investition zu klein wirkt für ein Museum dieser Größe und Bedeutung, kann dies natürlich nichts ändern – aber dafür kann man ja in Zukunft bei einem Cappuccino aus dem großen Panoramafenster hinaus auf den Paul-Klee-Platz und das neue, 180 Quadratmeter große Wandbild aus handbemalten, hochglänzenden Keramikfliesen von Sarah Morris schauen. Oder man lässt sich von dem farbigen Dampf ablenken, den Olafur Eliasson im Lichtschacht des Eingangsbereiches aufsteigen lässt.

Wer mag, kann zum Auftakt übrigens auch selbst Teil eines Kunstwerkes werden. Im sogenannten Labor, dem neuen Präsentationsraum der Abteilung Bildung, können sich Freiwillige in einen 3-D-Scanner stellen. Aus den Daten fertigt Karin Sander lebensechte Gipsfiguren im Verhältnis 1:8 an, die passende Farbe für ihre Figur können sich die Probanden anschließend selbst anhand eines Farbfächers aussuchen. Die Ergebnisse stellt Sander im Labor aus, sodass der Museumsbesucher zum Modell, Beobachter und später zum Rezipienten seines eigenen Abbildes werden kann. Eine aktivere Teilnahme an Kunst kann man in einem Museum kaum erwarten.

■ Kunstsammlung NRW, K20, Grabbeplatz, Düsseldorf, www.kunstsammlung.de