Jugendarbeit hat Imageprobleme

Auf einer Podiumsdiskussion über Soziale Arbeit machen Jugendarbeiter ihrem Frust Luft: Statt sich um die Jugendlichen zu kümmern, müssten sie permanent um Geld kämpfen. Doch mit PolitikerInnen wollten sie über das Problem lieber nicht reden: Die seien „rhetorisch zu geschult“

von Christoph Müller

„Wieso muss man so etwas überhaupt studieren?“ Diese Frage hört Jana Zach, Studentin des Studiengangs „Soziale Arbeit“ immer wieder. Jugendarbeit hat ein Image-Problem – darin waren sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Podiumsdiskussion am Donnerstag Abend im Haus der Wissenschaft einig. Zwei Stunden diskutierten MitarbeiterInnen des Jugendamtes und der Freizeitheime mit SchülerInnen und Studierenden über „Jugendarbeit in Bremen“, Untertitel „nicht gewollt oder nicht gebraucht?“. Eingeladen hatten Studierende des Projekts „Bildung ist mehr als Schule“ an der Universität.

Immer wieder wurde am Abend der Vorwurf laut, es sei in Gesellschaft und Politik noch nicht angekommen, wie wichtig Jugendarbeit sei. Wenn man jetzt in die Arbeit mit Jugendlichen investiere, würde man in Zukunft an anderer Stelle Geld sparen, zum Beispiel für Polizeieinsätze, sagte Jens Crueger, jugendpolitischer Sprecher der Grünen, der sich aus dem Publikum zu Wort meldete – Politiker und Politikerinnen waren zu Cruegers Unverständnis allerdings nicht eingeladen worden. Eine Psychologin wies darauf hin, dass auf diese Weise auch Kosten für Therapien und Sozialhilfen gespart werden könnten.

Brigitte Ziehlke, Lehrbeauftragte für Soziale Arbeit an der Hochschule Bremen, wollte die Frage, ob Jugendarbeit notwendig sei, gar nicht beantworten. „Das müssen wir gar nicht rechtfertigen“, sagte Ziehlke, schließlich sei Jugendarbeit ein gesetzlich festgelegter Auftrag.

Doch wie schwer es ist, angesichts der knappen Mittelzuweisungen dem Auftrag gerecht zu werden, wurde deutlich, als die Jugendarbeiter aus ihrer beruflichen Praxis erzählten. Das Beschaffen von Geld nehme „viel zu viel Zeit“ in Anspruch, bemängelte Jens Singer, Mitarbeiter des Naturfreundehauses Buchtstraße, kurz „Buchte“. Ständig müsse er in Sitzungen mit anderen Trägern darüber streiten, wer wie viel Geld aus den Stadtteil-Töpfen bekomme oder Projektanträge stellen, um an Extra-Gelder zu kommen.

„Die sitzen nur im Büro“, sagte auch die Schülerin Aline Plötz über die hauptamtlich Beschäftigten des Jugendfreizeitheims, das sie regelmäßig besucht. „Sozialarbeit ist von Finanzmanagement nicht zu trennen“, antwortete daraufhin Jürgen Hartwig, Leiter des Amts für Soziale Dienste.

Ansonsten hatten die Behördenvertreter zwar durchaus Verständnis für die Nöte der Jugendarbeiter, sagten aber, sie könnten als Verwaltungsmitarbeiter an der Situation nichts verändern, solange nicht mehr Geld zur Verfügung stünde. Hier sei aber die Politik gefragt, sagte Michael Schwarz, Leiter des Landesjugendamtes.

Doch Politiker und Politikerinnen waren bewusst nicht eingeladen worden: „Die sind rhetorisch so geschult, dass eine Diskussion nicht zustande kommt“, begründete Kirsten Lehbrink vom Vorstand des Bremer Landesjugendrings die Entscheidung gegen den Austausch mit Bürgerschaftsabgeordneten.