DIE WERBEPAUSE
: Post-Brüderle

Vielleicht ist es ja so passiert: da sitzen eine Handvoll Kommunikationsstrategen schon viel zu lange in einem fensterlosen Konferenzkabuff und mühen sich vergeblich um nette Assoziationen zum ersten Hörfunkprogramm des Hessischen Rundfunk (HR). Es kommt nichts. Es kommt immer noch nichts. Dann sagt der Praktikant leise: „Na ja, nackte Frauen gehen immer, ne?“

Leider völlig richtig. Zumindest flüchtige Aufmerksamkeit, wie ein Sturm im Wasserglas auf Twitter und ironischerweise auch diese Zeilen beweisen, sind der hr1-Hörerfangoffensive, die offiziell hr1-Frühjahrskampagne heißt, nun gewiss. Einen Moment Zeit also, um ein weiteres Mal festzustellen, dass die #aufschrei-Debatte im Zuge der Brüderle-Affäre vor einem Jahr tatsächlich bloß eine Debatte war und sonst nichts. Nicht bloß RTL, auch die Öffentlich-Rechtlichen wissen um die Wahrheit: Post-Brüderle-Deutschland mag weiterhin gerne Arsch und Dekolletee gucken.

Und da dieses nun pflichtgemäß gerügt und getadelt wurde: Eigentlich ist die Kampagne gar nicht mal so schlecht. Oder jedenfalls nicht ganz so plump, wie der bloße Hintern der hr1-Frau vermuten lässt. Popkulturelle Anspielungen verbergen sich nämlich hinter der nackten Pose: Das Lachen – soll das nicht die Dietrich sein, die Marlene? Und wer sagte noch mal, er trage nichts als einen Hauch Chanel No. 5 im Bett? Ach ja, Marilyn Monroe. Und die geht tatsächlich immer. ANNA KLÖPPER