Frauen ohne Minister

Armin Laschet vernachlässigt die Gleichberechtigungsfrage, kritisieren Opposition und Aktivistinnen. Während er sich um seine anderen Ressorts kümmere, werde bei Frauen gespart

VON GESA SCHÖLGENS
UND KATHARINA HEIMEIER

Macht NRW-Frauenminister Armin Laschet (CDU) eine „Frauenpolitik von vorgestern“? Das attestieren ihm zumindest Frauenhäuser, Beratungsstellen und Opposition. „Laschet ist kein Frauenminister. Er lässt das Thema links liegen“, sagt Birgit Fischer (SPD), ehemalige Landesfrauenministerin.

Vorrang hätten für den Minister seine weiteren Themen Familie und Integration, kritisiert Christine Weinbörner, Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten. „Wir haben einen Minister, der in einigen Bereichen wie der Integrationspolitik sehr gut ist, aber Frauenpolitik als eigenständiges Politikfeld existiert nicht mehr.“ Die Landesregierung demontiere die Infrastruktur für Frauen, „die wir mühevoll aufgebaut haben.“

Durch Laschets Kürzungen im Frauenetat würden Strukturen der Frauenarbeit zerstört. Betroffen sind vor allem die 47 Regionalstellen Frau und Beruf und die 62 Frauenhäuser in NRW. „Die Regionalstellen haben keine Chance zu überleben. Die meisten werden bis zu 80 Prozent Förderung aus dem Landestopf gefördert“, sagt Erika Lünnemann von der Beratungsstelle in Hagen. Im vergangenen Jahr hatte das Land noch 4,5 Millionen Euro beigesteuert. Ab 2007 werden die Zuschüsse eingestellt. Die Chance, dass die finanzschwachen Kommunen einspringen, sei gering, so Lünnemann. Dabei habe sich die Arbeit vor Ort bewährt. Seit 18 Jahren helfen Lünnemann und ihre Kolleginnen bei der Rückkehr in den Beruf, beraten oder organisieren Seminare für Frauen, die in Führungspositionen arbeiten wollen. Diese Hilfe sei sehr wichtig: Trotz gestiegener beruflicher Qualifikationen verdienen Frauen bis zu 33 Prozent weniger und sind öfter in Teilzeit beschäftigt. Die Regionalstellen hätten gute Kontakte untereinander – und in die Wirtschaft. Jährlich erreichen sie fast 100.000 Frauen und Mädchen in NRW. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Laschets Projekte unsere Arbeit ersetzen können“, sagt Lünnemann.

Künftig sollen die Aufgaben der Regionalstellen durch die Ministerien wahrgenommen werden. Laschet will die Gleichstellungspolitik „bündeln“. Es gebe in NRW ein „überflüssiges Nebeneinander ähnlicher Angebote“, so seine Begründung.

Das Wirtschaftsministerium soll etwa die Beratung für Jungunternehmerinnen im so genannten Gründungsnetzwerk NRW ausweiten. Zudem soll Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) für die Frauenförderung EU-Mittel ausschöpfen. Die Grünen-Fraktion bezeichnet Laschets Verhalten als „Skandal“. Er verfolge eine Politik nach dem Motto: „Frauen an den Herd“, sagt Fraktionsvize Barbara Steffens. Die Grünen fordern einen Kita-Rechtsanspruch für Unter-Drei-Jährige, damit Frauen Nachwuchs und Karriere vereinbaren können.

Auch die Frauenhäuser litten unter den Kürzungen der Landesregierung, sagt Beate Kaupen von der Landesarbeitsgemeinschaft Autonomer Frauenhäuser. Für jährlich etwa 5.000 Frauen und etwa noch einmal so viele Kinder seien sie der einzige Zufluchtsort. Anfang dieses Jahres wurde in jedem Frauenhaus die vierte Stelle gekürzt. Einrichtungen wie Herne, Dortmund und Essen hätten nicht nur Stellen, sondern auch Betten für Frauen und Kinder reduziert. „Die Arbeitsbelastung ist gestiegen. Wir können die Frauen nicht mehr betreuen, wenn sie ausgezogen sind.“ Dabei sei gerade diese Nachsorge sehr wichtig. Ob die Frauenhäuser auch künftig rund um die Uhr erreichbar sein werden, sei unklar.

Zur Kritik an seiner Frauenpolitik konnte Laschet gestern nicht Stellung nehmen. Er sei im Urlaub, so eine Sprecherin.