Israel stellt polnischen Minister auf Index

Das Außenministerium in Jerusalem möchte keinen Kontakt zum Erziehungsminister in Warschau, denn Giertych ist Vorsitzender der nationalistischen Liga Polnischer Familien. Das erschwert die Kooperation bei der Holocaust-Erziehung

AUS JERUSALEMSUSANNE KNAUL

Das israelische Außenministerium will keine Kontakte zum neuen polnischen Bildungs- und Wissenschaftsminister unterhalten. Roman Giertych, Vorsitzender der katholisch-nationalistischen Liga Polnischer Familien, zog im Mai in die Koalition in Warschau ein. „Wir unterhalten keine Kontakte zu extremistischen Gruppen“, kommentierte Mark Regew, Sprecher im israelischen Außenministerium. Schon vor Beginn der Koalitionsverhandlungen in Polen habe Israel die Partei Giertychs boykottiert.

Das Problem mit „rassistischen, antisemitischen und extremistischen Gruppen“ sei nicht auf Polen beschränkt, sondern „existiert in ganz Europa“, meinte Regew. Er betonte, dass Israel zu Polen nicht nur „ausgezeichnete Beziehungen“ unterhalte, sondern dass die Regierung in Warschau zudem ein „strategischer Partner“ Jerusalems sei, auch hinsichtlich des Kampfes gegen den Antisemitismus.

Das Außenministerium in Jerusalem vermied bislang einen formellen Boykott. Israels Botschafter in Warschau, David Peleg, ist unterdessen nicht bereit, „Herrn Giertych zu treffen oder mit ihm zu sprechen“. Die Partei Giertychs sei, so zitiert die Nachrichtenagentur AP eine Sprecherin des israelischen Außenministeriums, „per Definition eine anti-semitische“.

Giertych selbst zeigte sich gegenüber polnischen Journalisten irritiert über die Entscheidung Pelegs. „Ich mag die jüdische Nation und kann nicht einsehen, warum der Botschafter mich ablehnt“, zitiert ihn die polnische Nachrichtenagentur PAP.

Die Konstellation in der neuen polnischen Regierung wird die Kooperation im Bereich der Holocaust-Erziehung erschweren. Jährlich reisen nach Informationen des israelischen Erziehungsministeriums rund 22.000 Schüler nach Polen, um die ehemaligen deutschen Konzentrationslager zu besichtigen und am Ort des Grauens etwas über die eigene Geschichte zu lernen.

Botschafter Peleg hofft, dass die polnische Regierung sämtliche Israel betreffenden Angelegenheiten unter die Kompetenz eines anderen Ministeriums stellt. Das Bildungsministerium sei, so Peleg, das „Mark der polnisch-jüdischen und der polnisch-israelischen Beziehungen“. Das Außenministerium in Jerusalem verweigerte die Auskunft darüber, ob Peleg auf Anweisung der Regierung handelt. Giertych selbst meint, der Botschafter habe seine Kompetenzen überschritten, als er vorschlug, den Geltungsbereich „bestimmter Ministerien“ zu verschieben.