MARKUS LANZ UND DISNEY – SIE WOLLEN UNSER ALLER HIRN
: Wer unst mich da?

JOSEF WINKLER

Neulich unterschrieb ich eine Petition gegen Markus Lanz’ fortgesetzte Tätigkeit als Allesmoderator beim ZDF, und ich weigere mich, darüber zu diskutieren, ob das jetzt aber auch irgendwie bescheuert ist und ob meine Bekannten, denen ich den Link weitergeleitet habe, das als „Vollspammen“ empfinden und ob wir denn keine größeren Probleme haben.

Natürlich haben wir auf der ganzen Welt sehr viele fürchterlich große Probleme, die mich schmerzen, und die meisten davon haben damit zu tun, dass die Menschen so kreuzblöd sind. Und da wollte ich von dieser Gelegenheit, mich gegen einen Agenten der Verblödung hierzulande auszusprechen, Gebrauch machen. Ja, ich würde es, wenn nötig, sogar so weit überhöhen: Es wäre zynisch, eine so intelligenzlähmende, unanständige Knalltüte wie Markus Lanz unbehelligt agieren zu lassen, wenn man auch Einspruch erheben kann, und sei es nur dadurch, dass man eine Petition unterschreibt.

Nennen Sie mich altmodisch, aber mich regt es auch nach bald 30 Jahren Medienkonsum noch auf, wenn ein offensichtlicher Stümper im Öffentlich-Rechtlichen flächendeckend Geistlosigkeit und Tumbheit verbreiten darf, und ich muss dann auch noch sein Besserverdienergehalt finanzieren. Hier würde ich mal so eine Absahnerdebatte ansetzen lassen. Schon mal gar nicht bei Bulgaren, die angeblich unsere „Sozialsysteme“ plündern, auch nicht unbedingt bei Großmanagern, die Millionenboni heimtragen.

Ich kann meinetwegen nicht beurteilen, wie viel für ein Privatunternehmen das Tun so eines Managers wert ist. Aber ich kann beurteilen, was Markus Lanz mit mir als Fernsehzuschauer macht. Er zermürbt mich mit eingeübtem, geistesmattem Geschwätz. Er betäubt mich mit pseudokesser Witzlosigkeit. Er erzürnt mich mit seinem Gehabe, wenn er auf „Journalist“ macht. Er widert mich an mit seiner piefigen Eitelkeit und Selbstwichtigkeit. Ist das noch Entertainment?

Aber das Unterhaltungsfernsehen hat uns ja schon so weit, dass eine Boulevardzeitung „Wendler ist raus!“ titeln kann, und anscheinend weiß jeder, was gemeint ist, außer – wie ich mit Stolz behaupten kann – ich. Nein, Sie auch, gell? Dschungelcamp ist nichts für uns, was? Apropos wir. Haben Sie die Plakate gesehen? „Disney für uns alle!“ Zum einen die Frage: Hatten wir bisher eingeschränkten Zugang zu Disney? Gab es unter uns bislang Bevölkerungsgruppen, die noch nicht ausreichend Disney abbekamen? Und dann: Wer spricht hier? Wer unst mich da? Wer beschwört hier dergestalt ein Wir-, ein Unsgefühl herauf?

Dienstag Deniz Yücel Besser Mittwoch Martin Reichert Erwachsen Donnerstag Ambros Waibel Blicke Freitag Michael Brake Nullen und Einsen Montag Anja Maier Zumutung

Es sind der Disney Channel und seine Werbeagentur, an unserer Seit’ in diesem irdischen Jammertal, doch in Kontakt mit jener höheren Macht, und gleichsam als Mittler zwischen Disney und den Menschen verkündigen sie uns allen die frohe Botschaft: Bald gibt es, wonach uns dürstet. Disney für uns alle. Lasst uns unsere Gehirne auf seinem Altar darbringen. Bald spüren wir nichts mehr. Vielleicht nicht einmal mehr Markus Lanz. Es ist dann das Ende aller Petition. Wir werden petitionslos glücklich sein.