WALTRAUD SCHWAB GEMÜSE IST MEINE WURST
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Mir war an Silvester um Mitternacht klar: Das neue Jahr wird toll. Endlich werden meine Wünsche in Erfüllung gehen.

Es fing auch gleich gut an. Ich wünschte mir, dass mich eine Freundin von früher, von ganz weit weg, anruft. Sie rief an. Ich stellte mein Fahrrad unabgeschlossen am U-Bahnhof ab, das Schloss klemmte, und wünschte mir, dass mein Fahrrad nicht gestohlen wird. Es wurde nicht gestohlen. Und dann wünschte ich mir, als ich an einem Mittwochabend die leere Gemüsekiste vor die Tür stellte, dass Thomas, der Bauer und Anarchist, mir am Donnerstagmorgen eine neue bringt, was er tat, und dass in dieser Gemüsekiste, bitte, bitte, kein Mangold sei, weil ich schon zu viel Mangold gegessen habe in den letzten Wochen, dass stattdessen bitte, bitte Rote Bete in der Kiste sei, weil ich Rote Bete liebe, und siehe da: Es war Rote Bete drin.

Der Januar noch nicht rum und schon sind drei Wünsche in Erfüllung gegangen. Und, was vielleicht wenig bekannt ist, Rote Bete, diese Knolle, in der sich Hitze und Leidenschaft mit Erde vermischt, macht ebenfalls glücklich. In Zaubersuppen ist sie drin, der von Sarah Wiener etwa, die mit dem Ochsenschwanz. Während ich sie aß, sinnierte ich darüber, ob in einem Jahr auch mehr als drei Wünsche in Erfüllung gehen können.

In der Kiste waren: 1 kg Kochäpfel (so lala), 1 Flasche Birnensaft (köstlich) 1/2 kg Birnen (hart, aber wenn man wartet und sie isst, wenn sie weich sind, nicht zu weich, sind sie sehr gut), 3/4 kg Rote Bete (unübertroffen), je 1 kg Zwiebeln und Kartoffeln (normal), 1/8 kg Sellerie (zu wenig) und 7/8 kg Wirsing (wurmig).

Ehrlich, 7/8 Kilo wurmiger Wirsing ist eine Herausforderung – zumal für eine Vegetarierin. Das ist, als esse ich Wurst. Egal: Rote Bete toppt es. Neben der Suppe ist sie mir als Salat, ganz ohne Schnickschnack, am liebsten, weil sie dann alles rot färbt – innen und außen.