Der befangene Gutachter

Gern hätte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) den Salzstock in Gorleben weiter erkunden und schließlich zur atomaren Endlager-Müllhalde genehmigen lassen wollen. Aber nun ist Röttgen Opfer der deutschen Atomstromfilz-Mafia geworden. In diesem Falle trägt sie das Gesicht von Bruno Thomauske: Ausgerechnet der Ex-Atom-Manager soll den Salzstock auf seine Eignung prüfen – selbstverständlich ergebnisoffen, wie alle Beteiligten beteuern.

Seit gut 30 Jahren erklären die Atomlobbyisten, das mit dem Atommüll sei technisch überhaupt gar kein Problem. Seit über 30 Jahren verdeutlicht aber die komplette Abwesenheit wenigstens einer Lösungsidee: Die Atomlobbyisten dieser Republik lügen uns die Hucke voll, wobei Bruno Thomauske ein besonders übler seiner Zunft ist. Im Jahr 2006 war es, als in der Hamburger taz-Redaktion Hinweise eingingen, nach denen es im AKW Krümmel gebrannt und Verletzte gegeben hatte. Thomauske, damals Chef der Atomsparte von Vattenfall, wiegelte als Zuständiger empört ab: Alles kein Problem! Erst als die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnahm, musste er diese „Alles kein Problem“-Haltung aufgeben.

Dann folgte eine „Informationsschlacht“, die Vattenfalls Atomchef mit den Waffen der Verzögerung, Unvollständigkeit, Fehlleitung führte. Staatsanwaltschaft und Atomaufsicht beklagten die „Bunkermentalität“ Thomauskes und drohten, Vattenfall die Betriebsgenehmigungen für die Reaktoren zu entziehen. Vattenfall griff zum letzten Mittel, schasste Thomauske und all jene deutschen Manager, die an ihm so lange festgehalten hatten. Die taz schrieb damals: „Von Thomauskes Zeit wird ein Lehrstück über Selbstüberschätzung und Ignoranz übrig bleiben.“

Da aber irrte der Autor. 61-jährig ist Thomauske zurück auf der politischen Bühne: Er wird Gorleben die Eignung als Endlager bescheinigen. Wie sollte er auch nicht: Schließlich war es Thomauske, der als Abteilungsleiter beim Bundesamt für Strahlenschutz Ende der 80er Jahre Gorleben auf den Weg gebracht hatte. Deshalb wird das Gutachten Röttgen auch kein bisschen weiterbringen: Dafür werden schon die Klagen der Atomkraftgegner sorgen. NICK REIMER

Wirtschaft + Umwelt SEITE 9