Hoher, gelber Wagen

Mit der Postkutsche wollte ein Ehepaar aus der Nähe von Cuxhaven Europa erkunden – und die Region Cuxhaven bekannt machen. Das gelang ihnen zumindest in Südtirol – bei einem Unfall verletzten sie zwei Motorradfahrer

Mit einer Postkutsche haben Jürgen und Christine Reimer sich im März diesen Jahres auf eine 6.000 Kilometer lange Reise begeben. Sechs Länder, sechs Monate lautet der Plan des Ehepaars, das aus Prinzip nur im Partnerlook auftritt. Als Botschafter des Ostelandes hoffte das Paar aus Hechthausen nicht nur auf einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde, sondern auch auf Promotion des Landkreises Cuxhaven im europäischen Ausland.

Bis Südtirol verlief die Reise problemlos – von vier Pferden wurden die Reimers mitsamt Gepäck über die Alpen gezogen. Dann fuhr die Kutsche bei einem tragischen Auffahrunfall Pferd Elton in die Hacken. Nach dem ersten Schreck mussten die Reimers feststellen, dass nicht nur Elton und die Kutsche massiv beschädigt waren – zwei Motorradfahrer waren schwer verletzt worden.

Während die Südtiroler Presse sich über die altmodischen Transportmittel der wunderlichen Deutschen mokierte („Seltsames Gefährt aus Norddeutschland verursacht Chaos in Sterzing, mehrere Verletzte“ titelte die örtliche Presse L‘Alto Adige), bangten die Reimers um ihre Kutsche. Nach einer Woche der Reparatur ging es weiter, die Reimers hielten in ihrem Online-Reisetagebuch fest: „Einer der beiden Motorradfahrer ist mittlerweile gestorben. Auf der Brennerstraße stirbt aber jede Woche ein Motorradfahrer. Es wird einfach viel zu schnell und zu waghalsig gefahren.“ Gemächlich wackelte die Kutsche mit ihren vier PS weiter gen Verona.

Mittlerweile sind Elton, Hero, Lexus, Hektor und das Ehepaar Reimer bereits am Balaton. Je ländlicher die Gegend, umso größer der Empfang für die Nordlichter. In einem slowenischen Dorf standen sämtliche Einwohner applaudierend am Straßenrand und verlangten nach Autogrammen. Ob sie wussten, dass dieselbe Kutsche bereits unbemerkt auf dem Bremer Marktplatz stand? Auch die Innsbrucker zog es eher ans eigene Goldene Dachl als zu den weit gereisten Pferden. In Treviso wurden die Reisenden sogar von Polizisten auf schnellstmöglichem Wege aus der Stadt gelotst. Unbeeindruckt vom Desinteresse der Gastgeber setzte das Paar aus Hechthausen seine Tour fort und befindet sich nun auf dem Weg nach Budapest.

Den Norden werden die Reimers vermutlich wieder Anfang Oktober erreichen. Dann soll die Postkutsche nach einem Zwischenstopp auf dem Hamburger Fischmarkt in Stade ankommen.

Jessica Riccò