Immer der Muschel nach

Nach dem Rheinland hat auch Westfalen bald seinen eigenen Jakobspilgerweg. Die Route wird 2007 eröffnet

Der Schweiß treibende Fußmarsch ins galizische Santiago de Compostela ist seit Jahren für gläubige Katholiken ultimativer Höhepunkt religiöser Verzückung. Aber auch für Un(ein)geweihte, deren Zahl sich von Jahr zu Jahr erhöht, sind die täglich gut 30 Fußkilometer ans westliche Ende der christlich-mittelalterlichen Welt eine Erfahrung der besonderen Art. Die Jakobswege, die bereits im 11. Jahrhundert fromme Gesellen aus allen Teilen Europas zum Grab des Heiligen Apostels Jakob an den nordwestlichen Zipfel Spaniens führten, leiten heute nicht nur die, die mit der Muschel gehen, also religiös motiviert sind. Längst quälen sich dort auch Wanderer und Radler, die nicht so sehr spirituelle, sondern kulturhistorische Intentionen haben oder eher sportliche Ambitionen hegen.

Da lauerte eine Marktlücke. Kein Wunder also, dass nach dem Landschaftsverband Rheinland (LVR), der zwischen 2000 und 2004 drei Jakobsrouten durch das Rheinland ausgearbeitet hat, nun auch der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) mit einem Pilgerpfad aufwartet. Von 2007 an führt ein historischer Jakobspilgerweg durch Westfalen. Der rund 170 Kilometer lange Wanderweg folgt einer alten Fernhandelsstraße von Osnabrück über Münster nach Wuppertal. Historisch-archäologische Forschungen werden so „begehbar“ gemacht, sagte Torsten Capelle, Vorsitzender der Altertumskommission des LWL, am Donnerstag bei der Vorstellung in Münster.

Rund vier Jahre hat die Kommission die Trasse anhand von historischen karten, Literatur sowie Geländebegehungen erforscht. Die westfälische Jakobspilgerroute dockt in Wuppertal an die vom LVR ausgearbeitete Strecke über Köln und Aachen nach Belgien an. Vor hunderten von Jahren folgten die Pilger dem Viehtrieb, um auf dem rechten Pfad zu bleiben. Da sind die heutigen Wallfahrer besser dran: Die gelbe Jakobsmuschel auf blauem Grund wird, wie schon andernorts entlang des „Camino“, den Wanderern den Weg weisen. Für Radler sind teilweise abweichende Trassen in einem 2007 erscheinenden Pilgerführer verzeichnet.

Wer also weder Zeit, noch genug Ausdauer hat, um die 2.500 Kilometer von Westfalen nach Santiago im einem durch zurückzulegen, kann sich ab 2007 vor der Haustür auf die Spuren der Jakobspilger begeben. Womöglich kommt dabei selbst hart gesottenen Agnostikern die Erleuchtung. HENK RAIJER