Big Brother im Bezirksamt

VERWALTUNG Eine „Testmail“ an alle Mitarbeiter des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf sollte klären, ob die auch flugs antworten. Der Personalrat spricht von „Verhaltenskontrolle“ und klagt dagegen

Eine als „Testmail“ titulierte Mail sorgt im Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf für Knatsch. Öffneten die Mitarbeiter die versendete Mail, wurde dort nach einer unpersönlichen Anrede von einer „technischen Überprüfung“ geschrieben. Deswegen sollte der Eingang dieser Mail bis zum 26. August bestätigt werden. Um eine technische Überprüfung ging es aber nicht. Vielmehr wollten die Stadträte herausfinden, wie die Mitarbeiter mit dieser Mail umgehen: ob sie sie öffnen und antworten oder eben nicht.

Alle 1.500 Mitarbeiter mit einem PC-Arbeitsplatz hatten diese Mail ohne weitere Informationen am Freitag vergangener Woche zugeschickt bekommen. Auch die Vorsitzende des Personalrats, Christine Reuter. „Dies ist eine unzulässige Verhaltenskontrolle“, schimpft Reuter. „Sie als technische Überprüfung zu tarnen ist verwerflich.“ Zumindest hätte der Personalrat vorher gefragt werden müssen. Die Mitarbeiter des Bezirksamtes seien über „den Generalverdacht empört“, so Reuter.

Auch die Gewerkschaft Ver.di sieht in diesem Verfahren eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle. „Auf diese Weise wollen sie die schwarzen Schafe herausfinden“, sagt Monika Kruck, als Ver.di-Sekretärin für Gemeinden zuständig. Das sei generell durchaus legitim, aber nicht auf diese Weise.

Die Testmail erfunden hat Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Es hätte „eine große Anzahl von ungeöffneten Mails auf dem Server des Bezirksamtes“ gegeben, erklärt Gröhler, darunter auch Anfragen von Bürgern, die wochenlang unbeantwortet blieben und die sich deswegen beschwert hätten. „Wir wollten mit der Testmail herausfinden, wie viel Prozent unserer Mitarbeiter diese überhaupt öffnen.“ Der Vorwurf der Leistungskontrolle sei Blödsinn, so Gröhler. Auch sollte es keine individuelle Auswertung geben. Trotzdem hätte Gröhler, wenn die Testmail nicht den erwünschten Rücklauf erbracht hätte, „Schulungen angeboten“.

Aber dazu kommt es wahrscheinlich gar nicht mehr. Am Donnerstag reichte der Personalrat eine einstweilige Verfügung beim Verwaltungsgericht ein. So erhoffe man sich eine Klärung innerhalb weniger Tage, erklärt Reuter. EBRU TAȘDEMIR