Regierungsgespräche in Prag gescheitert

Tschechische Grüne steigen nach zweimonatigen Verhandlungen aus. Staatspräsident Klaus will große Koalition

PRAG taz ■ Nach zweimonatigen ergebnislosen Regierungsverhandlungen hat die überlebensunfähige Dreierkoalition aus Konservativen (ODS), Christdemokraten (KDU-CSL) und Grünen in Prag den Gnadenschuss erhalten: Ende vergangener Woche stiegen die Grünen aus. „Die Dreierkoalition hat ihre Bedeutung bei den Regierungsverhandlungen verloren“, sagte der Grünen-Vorsitzende Martin Bursík. „Die politische Entwicklung läuft auf ein Abkommen zwischen der ODS und den Sozialdemokraten hin.“

Das Ende der Dreierkoalition bedeutet auch das Ende des Versuchs, Tschechien ohne die Sozialdemokraten (CSSD) zu regieren. Alle Alternativen, die übrig geblieben sind, beziehen die Genossen um Noch-Premier Jiří Paroubek mit ein. So wäre eine Minderheitsregierung der konservativen Bürgerpartei (ODS) von Mirek Topolánek vom Wohlwollen der Sozis abhängig. „Topolánek könnte da ohne Paroubeks Zustimmung nicht mal mehr aufs Klo gehen“, meinen Kommentatoren. Paroubek lehnt eine solche Variante ab. Die CSSD will, dass das Land in den nächsten vier Jahren von Experten regiert wird. „Ohne Einsatz von Experten ist eine Unterstützung der Regierung ausgeschlossen“, sagte der Vize-Vorsitzende der CSSD, Zdeněk Škromach.

Eine solche Expertenregierung kann sich ODS-Chef Topolánek nur vorstellen, wenn deren Aufgaben allein darin bestünde, das Land zu vorzeitigen Wahlen zu führen. Ein Abkommen zwischen Sozialdemokraten und ODS lehnt er ab. „Ein Großmachtabkommen mit der CSSD wird in der ODS selbst auf zehn Parteitagen nicht durchgehen“, erklärte Topolánek der tschechischen Tageszeitung Hospodárske noviny.

Genau ein solches scheint aber Staatspräsident Václav Klaus zu bevorzugen. Schon seit Bekanntwerden der Pattsituation, die die Wahlen von Anfang Juni hervorgebracht haben, ist der Präsident ein eifriger Verfechter einer großen Koalition. Aus gutem Grund: Anfang 2008 muss sich der Präsident zwecks Wiederwahl dem Abgeordnetenhaus stellen. Dessen momentane Zusammensetzung macht eine klare Mehrheit unmöglich und stellt so eine zweite Amtszeit von Klaus in Frage. ULRIKE BRAUN