Renzi hat nur einen Versuch

ITALIEN Die große Herausforderung: Politstar Matteo Renzi muss jetzt eine handlungsfähige und auch noch stabile Regierung zusammenzimmern

Als „Revolution“ kündigt der gewohnt zupackend Auftretende sein neues Kabinett an

AUS ROM MICHAEL BRAUN

Am Montag erhielt Matteo Renzi von Staatspräsident Giorgio Napolitano den Auftrag, die neue italienische Regierung zu bilden. Einigermaßen klar erscheinen schon jetzt die Konturen der Koalition, die Renzi stützen wird: Es werden genau die gleichen Partner an Bord sein, die auch schon Ministerpräsident Enrico Letta stützten.

Italien wird also wieder eine Links-Mitte-rechts-Koalition sehen. Weitaus stärkster Partner ist die gemäßigt linke Partito Democratico (PD), die bei den Wahlen vor einem Jahr 25 Prozent holte; ihr Vorsitzender wurde im Dezember bei Urwahlen Matteo Renzi, der nun als Partei- und Regierungschef eine in Italien unübliche Machtfülle auf sich vereinen will.

Als Juniorpartner braucht Renzi aber die Nuovo Centrodestra (NCD – Neues Mitte-rechts-Lager) des bisherigen Innenministers Angelino Alfano. Die NCD hatte sich erst im letzten Dezember von Forza Italia abgespalten, als Silvio Berlusconi aufgrund seiner Verbannung aus dem Senat den Bruch mit Lettas Koalition vollzog. Außerdem mit im Boot sein werden die Parlamentarier der politischen Mitte um Mario Monti und den Christdemokraten Pierferdinando Casini.

Renzi aber will das für ihn hochgefährliche Bild der Kontinuität zur Vorgängerregierung um jeden Preis vermeiden. Schließlich hatte der erst 39-jährige Bürgermeister von Florenz seinen Vorgänger Letta letzte Woche mit der Begründung gestürzt, das Land befinde sich „im Sumpf“, aus dem er es nun herauszuführen gedenke. Gar als „Revolution“ kündigt der gewohnt zupackend Auftretende sein neues Kabinett an.

Drei Politikfelder stehen auf seiner Agenda voraussichtlich ganz oben: Steuern, Arbeitsmarkt mit besonderem Augenmerk auf die jungen Arbeitslosen sowie Bürokratieabbau und Einsparungen bei den Ausgaben für den Staatsapparat. Vorneweg sollen sowohl die Unternehmen- als auch die Einkommensteuern für Klein- und Mittelverdiener gesenkt werden. Für den Arbeitsmarkt schwebt Renzi eine drastische Vereinfachung der Vielfalt auch prekärer Verträge vor, Festanstellungen sollen allerdings auch durch eine Lockerung des Kündigungsschutzes gefördert werden. Parallel dazu ist im Umfeld Renzis von großen Programmen die Rede, die Jugendliche in Arbeit und Ausbildung bringen sollen. Die Milliarden, die für ein solches Maßnahmenpaket notwendig wären, sollen im einigermaßen ineffizienten Staatsapparat eingesammelt werden; schon für 2014 sind Einsparungen von 5, im nächsten Jahr dann von 15 Milliarden anvisiert.

Doch erst einmal muss Renzi die Regierungsbildung hinter sich bringen. Doch danach will Renzi gleich in den ersten Regierungswochen ein wahres Feuerwerk abbrennen; schon im Februar soll die Wahlrechtsreform auf den Tisch, dann Schlag auf Schlag die Arbeitsmarkt- und die Steuerreform sowie der Umbau des öffentlichen Dienstes. Dazu hat er politisch auch keine Alternative: Eine Schlappe bei den Wahlen zum EU-Parlament Ende Mai kann er sich nicht erlauben.