Der grüne Prinz

GEHEIMDIENST Mosab Hassan Yousef, Sohn des Hamas-Mitgründers Scheich Yousef, war angeblich Topagent des israelischen Geheimdienstes

Es gibt Geschichten, die mag man gar nicht glauben. Zumal wenn sie im Milieu der Geheimdienste und des Terrorismus angesiedelt sind. Eine solche spielt in Palästina. Ihr Protagonist ist Mosab Hassan Yousef und seine Autobiografie „Sohn der Hamas“. Yousef, Jahrgang 1978 und Sohn des Hamas-Mitgründers Scheich Hassan Yousef, berichtet darin: „Ich war Agent des Schin-Beth“ – und zwar nicht irgendein, sondern der Agent des israelischen Inlandgeheimdienstes, der den Israelis zehn Jahre lang half, zahlreiche Anschläge der Islamisten zu verhindern. Auch will er zur Festnahme zahlreicher militanter Palästinenser beigetragen haben. Und, um es noch komplizierter zu machen, Yousefs Autobiografie ist auch die Geschichte eines Konvertiten. Nicht aus Geltungsbedürfnis oder persönlicher Bereicherung habe er dem israelischen Sicherheitsapparat geholfen, sondern aus Liebe zu den Menschen, meint der mittlerweile zum Christentum bekehrte Baptist.

Kaum 18-jährig wird Yousef während der Intifada verhaftet, weil er Steine geworfen hatte und im Besitz einer Waffe war. Im Gefängnis lernt er dann eine andere, „die wahre Hamas“, wie er sagt, kennen, die mit den Lehren seines Vaters wenig zu tun hat. Die Hamas-Funktionäre genossen privilegierte Haftbedingungen und folterten grausam die eigenen Leute, wenn sie in den leisesten Verdacht der Kollaboration geraten waren. „Sie steckten ihnen brennende Streichhölzer zwischen die Fußzehen und Besenstiele in den After, und um sie zu demütigen, wurden ihnen die Haare vom Kopf geschoren“, berichtet er. Dass Mosab selbst niemals von Hamas-Leuten gefoltert wurde, schreibt er seiner Vorzugsstellung als Sohn eines Hamas-Gründers zu und der Tatsache, dass „Jesus mich liebt“.

Anfang 2007 reist Yousef mit Hilfe der israelischen Behörden über Jordanien in die Vereinigten Staaten aus. Dort erschien Anfang März dieses Jahres sein von einigem Medienrummel begleitetes Buch. Wie die amerikanische Originalversion ist jetzt auch die deutsche Übersetzung in einem konfessionellen Verlag erschienen – beide Häuser werden zum evangelikalen Verlagsspektrum gezählt. Am 1. Juli berichtet denn auch das Internet-portal www.jesus.de: „Mosab Hassan Yousef wird nicht aus den USA ausgewiesen. Ein Einwanderungsgericht in San Diego (Kalifornien) entschied heute, ihm politisches Asyl zu gewähren. Die Abschiebung in seine Heimat wäre für den zum Christentum konvertierten Exspion einem Todesurteil gleichgekommen.“ Noch im Jahr 2009 hatte das US-Heimatschutzministerium Yousefs Antrag auf politisches Asyl abgelehnt, er stelle eine Gefahr für die USA dar. Dem Antragsteller sprangen daraufhin prominente Unterstützer zur Seite. Der ehemalige CIA-Chef James Woolsey etwa kommentierte die Entscheidung als „unglaublich idiotisch“.

Was ist wahr, und wenn, wie viel? „Alles Lüge“, kommentierte Scheich Hassan Yousef, der im Gefängnis sitzt, die Berichte, für die es keine Beweise gebe. „Mosab war niemals Mitglied der Hamas.“ Vertreter der Islamisten sprachen von „zionistischer Propaganda“. „Captain Loai“, Mosabs Führungsoffizier beim israelischen Nachrichtendienst, erklärte dagegen gegenüber der israelischen Zeitung Ha’aretz: „So viele Menschen verdanken ihm ihr Leben und haben nicht mal eine Ahnung davon.“ Die Wochenendbeilage der Zeitung machte mit einem Foto auf, das ihn mit Sonnenbrille und Kapuze zeigt. „Held Israels“ steht darunter.

WOLFGANG GAST

Mosab Hassan Yousef: „Sohn der Hamas – Mein Leben als Terrorist“. SCM Hänssler, Neuhausen 2010, 272 Seiten, 22,95 Euro