Ich will weiter

BASKETBALL Heute beginnt die WM in der Türkei. Die deutsche Nationalmannschaft muss diesmal ohne Dirk Nowitzki auskommen. In der taz äußert sie sich über ihre Chancen

■  Deutschlands Gegner: Das Team von Trainer Dirk Bauermann spielt in Gruppe A gegen die Teams aus Argentinien, Serbien, Australien, Angola und die erstmalig qualifizierten Jordanier. Um in die nächste Runde zu kommen, müssen die Deutschen sich unter den ersten vier ihrer Gruppe platzieren.

■  Die Favoriten: Die größten Chancen auf den Titelgewinn werden der Basketballnation USA, die mit einer NBA-B-Auswahl antritt, sowie Argentinien und dem amtierenden Weltmeister Spanien eingeräumt.

■  Die Austragungsorte: Die Deutschen verbringen die Vorrunde mit Gruppe A in Kayseri, Gruppe B spielt in Istanbul, Gruppe C in Ankara und Gruppe D in Izmir. Ab dem Achtelfinale werden alle Spiele in Istanbul ausgetragen. JUB

VON JULIANE BENDER

Ich bin die Deutsche Basketball-Nationalmannschaft und trete heute Abend mein erstes Spiel bei der WM in der Türkei an. Noch vor dem Spiel gegen Argentinien möchte ich mich um einen Platz im Achtelfinale bewerben, danach habe ich dazu vielleicht keine Lust mehr.

Meine besonderen Qualitäten liegen vor allem in meinem jugendlichen Auftreten, meiner aufgrund mangelnder Erfahrung mentalen Unbekümmertheit und natürlich in der Personalie meines Trainers. Dirk Bauermann ist nicht nur mein Fels in der Brandung, sondern auch ganz Feuer und Flamme, mit mir zur WM zu fahren, obwohl ich noch ein junger Hüpfer bin.

Wer mir beim Turnier ein bisschen fehlen wird, sind die großen Brüder. Da ist zum einen Chris Kaman, der Mann für den Rebound, der bei den Los Angeles Clippers in der nordamerikanischen Profiliga spielt. Aber auch Dirk Nowitzki von den Dallas Mavericks ist nicht mit von der Partie. Beide wollen sich lieber auf die Saisonvorbereitung in der NBA konzentrieren.

Das German Wunderkind Nowitzki hätte mir vielleicht ein bisschen Konstanz gegeben und für mentale Stabilität gesorgt. Na ja, dafür setzt er sich von Ferne für den deutschen Nachwuchs ein. So hat er letztens kritisiert, dass die Bundesliga-Trainer den deutschen Nachwuchsspielern zu wenig Einsatzzeit gäben und zu sehr auf bereits ausgebildete, ausländische Spieler setzten. Bestimmt hat er recht. Auch ein paar meiner Spieler haben dieses Problem in ihren Klubs.

Mein Trainer, der Dirk, dagegen schätzt die jungen Leute und vertraut ihnen. Sieben der zwölf Nationalspieler sind, zumindest was die Erfahrung auf internationaler Bühne angeht, fast noch Quark im Schaufenster. Das reduziert mein Durchschnittsalter, also das der National-Zwölf, auf nur 24,2 Jahre.

Ich bin also im Schnitt noch jünger als die deutsche Fußballnationalmannschaft, die bei der WM so angehimmelt wurde. Trotzdem: Dafür, dass ich noch so jung bin, spiele ich als Mannschaft gut zusammen, was man zuletzt am 20. und 22. August gegen Puerto Rico sehen konnte: Mit zwei deutlichen Siegen (73:63 und 97:74) und einer starken Teamleistung habe ich die NBA-besetzte Mannschaft der Puerto-Ricaner deutlich geschlagen.

Deshalb jetzt zurück zur Bewerbung: Wenn ich mit meinem Jünglingscharme bei der WM tatsächlich unter die besten 16 käme, wäre Trainer Dirk sehr erfreut. Er sagt zwar oft, dass er mir „viel zutraut“, der Einzug ins Achtelfinale für ihn aber „eine Sensation“ wäre. Wahrscheinlich will er den Korb nicht zu hoch hängen. Im Basketball gehören Understatements zum guten Ton.

Ich, die Nationalmannschaft, bin persönlich recht zuversichtlich, dass ich auch den echten Krachern wie Argentinien und Serbien zumindest Schwierigkeiten machen kann. So glaube ich zum einen an den 2,08-Meter-Mann Robin Benzing. Der 21 Jahre alte Schlaks mit den Kindersärgen an den Füßen (sein Schäferhund schläft nachts in seinen Hausschuhen) hat bei der EM in Polen letztes Jahr unter anderem auf sich aufmerksam gemacht, als er mit Nerven wie Drahtseilen gegen Russland für den Sieg alles entscheidende Punkte holte.

Aber auch Tim Ohlbrecht ist mit seinen 2,10 Meter und seiner guten Trefferquote einer, der den Durchbruch schaffen könnte. Beim Puerto-Rico-Spiel am vergangenen Sonntag hat er mit sechs Korbwürfen 18 Punkte für unser Team geholt. An seinem Temperament könnte er noch ein bisschen arbeiten.

Spannend wird es auch mit Tibor Pleiß. Der Center ist erst 20 Jahre alt und wurde letztens offiziell an die 31. Stelle des NBA-Drafts gesetzt. Man könnte es als Eintrittskarte in die beste Liga der Welt verstehen, aber Pleiß will den Brose Baskets in Bamberg noch ein bisschen erhalten bleiben. Er genießt es, dort gesetzter Spieler zu sein. Das sollte er auch.

Ergo, wenn ich bei der WM so unvoreingenommen wie zuvor in den Testspielen bleibe, dann habe ich vielleicht gute Aussichten, auch nach der Vorrunde noch mitzuspielen. Mir fehlen zwar ein paar Leistungsträger, aber für meine jungen Spieler ist das eine selten gute Chance, sich auf internationaler Bühne zu beweisen.