Ruanda droht den Vereinten Nationen

KONGO Kigali deutet Rückzug von Verpflichtungen gegenüber der UNO an. Grund: UN-Bericht über Beteiligung von Ruandas Armee an Kriegsverbrechen im Kongo. Auch Kinshasa kritisiert Untersuchung

BERLIN taz | Der vor seiner offiziellen Veröffentlichung an die Öffentlichkeit gelangte UN-Untersuchungsbericht über Kriegsverbrechen in der Demokratischen Republik Kongo hat in der Region wenig enthusiastische Reaktionen hervorgerufen. Während Ruandas Regierung damit drohte, sich „aus ihren Verpflichtungen gegenüber den Vereinten Nationen zurückziehen“, begnügte sich die kongolesische Regierung mit dem Hinweis, sie habe den Report noch nicht offiziell erhalten und warte auf die endgültige Fassung. Nur Vertreter bewaffneter Gruppen im Ostkongo äußerten sich erfreut.

Die Regierung in Kinshasa habe die von den UN-Experten vorgelegte Fassung des Berichts bereits im Juni erhalten und Änderungsvorschläge eingereicht, erklärte Kongos Minister für Justiz und Menschenrechte, Luzolo Bambi. Man erwarte jetzt von der zuständigen UN-Menschenrechtskommisison „eine Veröffentlichung nach Integration unserer Änderungen“, so der Minister. Was für Änderungen Kinshasa wünscht, sagte Luzolo Bambi nicht.

Der Bericht war Ende der vergangenen Woche an verschiedene internationale Medien durchgesickert, in Deutschland ging er an die taz. Er enthält eine Auflistung der schwersten Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen im Kongo zwischen 1993 und 2003, also vom Beginn der ersten ethnischen Pogrome im früheren Zaire bis zum offiziellen Ende des Kongokrieges. Schwere Verbrechen legt der Bericht der Armee Ruandas bei der Jagd auf ruandische Hutu-Flüchtlinge im Kongo 1996–97 zur Last. Die Massaker könnten, wenn bewiesen, „Völkermordverbrechen“ darstellen, hatte es geheißen.

Ruandas Regierung nannte den Bericht „bösartig, ungehörig und lächerlich“. Es sei „ein gefährliches und verantwortungsloses Dokument, das unter dem Deckmantel der Menschenrechte nur Instabilität in der Region der Großen Seen hervorrufen kann“, so Regierungssprecher Ben Rutsinga.

Die Erklärung verweist darauf, dass der UN-Bericht selbst die aufgelisteten Verbrechen als nicht gerichtsfest bewiesen bezeichnet, und kritisiert zudem, dass die UN-Experten sich nicht die Zeit genommen hätten, eine Reaktion in Ruanda auf die im Kongo gesammelten Anschuldigungen einzuholen.

DOMINIC JOHNSON

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