Ölteppich vor Libanon

Die Bekämpfung der Ölpest läuft nur langsam an. Die EU-Kommission koordiniert internationale Hilfe. Erste Helfer aus Norwegen treffen ein

AUS BEIRUTANNE FRANÇOISE WEBER

Die rund zwanzig erschöpften jungen Leute, die im Schatten einer Holzhütte sitzen, haben keine Wasserschlacht hinter sich. Die Freiwilligen der libanesischen Umweltorganisation Green Line haben am Strand Ramlet al-Baida in Beirut sechs Stunden lang bei glühender Hitze gegen den schwarzen Dreck gekämpft, den das Meer seit bald einem Monat anschwemmt.

Alles ist mit einem schwarzen Ölfilm überzogen – Plastikplanen, Treibholz, Wasserflaschen, sogar ein ganzer Plastikstuhl. Jetzt klebt der Film an ihren Händen, Schuhen und T-Shirts. Zwischen ihnen sitzt Wael Hmaidan, ein Campaigner von Green Line, und versucht die Truppe bei Laune zu halten: „Sagt bitte nicht, dass wir nichts geschafft haben. Erstens lernen wir aus unseren Erfahrungen, und zweitens haben wir wenigstens ein kleines Stück gesäubert. Wir wussten doch schon vorher, dass der Strand von Ramlet al-Baida mindestens zwei bis drei Wochen Arbeit braucht, und zwar mit dem Bulldozer, der heute nicht funktioniert hat.“

Mindestens 15.000 Tonnen Schweröl sind ins Meer geflossen, seit ein Öltank des Kraftwerks von Dschijeh südlich von Beirut bei einem israelischen Luftangriff getroffen wurde. 15.000 Tonnen, da kann eine Gruppe Freiwilliger mit ein paar Schaufeln nicht viel ausrichten.

Zumal sie den Eindruck haben, dass ihnen das libanesische Umweltministerium nur Steine in den Weg legt. Kein offizieller Ansprechpartner tauchte heute am Strand auf, obwohl die Polizei das verlangt hatte, keine Genehmigung wurde für die Lagerung des giftigen Mülls erteilt. Die Umweltschützer sind empört, dass ihre Initiative so ausgebremst wird: „Wir sagen schon seit einem Monat: Je länger das Zeug bleibt, desto schwieriger die Säuberung, desto schlimmer die Schäden. Wir haben heute herausgefunden, dass das Öl an manchen Stellen einen halben Meter tief den Sand verschmutzt“, so Green-Line-Campaigner Hmaidan. Zwei Meeresschildkröten- und zahlreiche Fischarten sind durch das giftige Öl bedroht. In der Hitze setzen sich aus dem Schlick noch schneller giftige Dämpfe frei, die auch die Luft belasten. Über dem Strand von Ramlet al-Baida hängt ständig ein leichter Ölgestank.

Während die Aktivisten die Schaufeln in die Hand nehmen, will das libanesische Umweltministerium lieber erst einen umfassenden Säuberungsplan ausarbeiten. Auch der Umgang mit dem gesammelten Öl bleibt noch zu klären. Soll es irgendwo gelagert oder entsorgt werden, oder ist eine Wiederverwertung möglich? Umweltminister Yacoub Sarraf, der die Ölpest als die schwerste Umweltkatastrophe seines Landes bezeichnet, will außerdem juristisch vorgehen und Israel wegen der Ölpest verklagen.

Doch diese Ankündigungen gelten nicht in den Augen von Wael Yahya, genauso wenig die Tatsache, dass die Ölbarrieren, die er den ganzen Vormittag lang in Ramlet al-Baida ausgelegt hat, vom Umweltministerium kommen. „Wir tun die Arbeit der Regierung. Die Regierung tut nichts, also sollte die Welt etwas für den Libanon tun“, sagt er.

Nicht die ganze Welt, aber Vertreter des UNO-Umweltprogramms, der EU-Kommission und mehrerer Mittelmeer-Anrainerstaaten kamen gestern in Athen zusammen, um über ein gemeinsames Vorgehen gegen die Ölpest zu verhandeln, die inzwischen auch schon die syrische Küste erreicht hat. Der mittlerweile 150 Kilometer lange und 30 bis 40 Kilometer breite Ölteppich muss auch auf See bearbeitet werden. Dafür fehlt aber bisher die Erlaubnis; Israel hält seine Luft- und Seeblockade des Libanon weitgehend aufrecht. Norwegische Experten konnten allerdings am Donnerstag mit der Arbeit auf See beginnen.