Protest verdreifacht

OSTEN Eine Reformerin aus Luhansk über die Situation im östlichsten Zipfel der Ukraine

LUHANSK taz | Am Sonntag hat sich die Zahl der Teilnehmer der Demonstration für Reformen in Luhansk, der östlichsten Stadt der Ukraine, mehr als verdreifacht. Mehrere tausend Menschen sind auf der Straße – aber für eine Stadt mit knapp einer halben Million Einwohner sind das immer noch nicht viele.

Bisher waren hier im Osten Ängste die Trumpfkarten der alten Machthaber. Eine Angst ist ökonomisch: Die Menschen in Luhansk leben nicht – sie versuchen, von ihren Almosenlöhnen zu überleben. Eine andere Angst ist politisch. Ich bin seit dem 22. November auf dem Maidan der Stadt. Es kam schon vor, dass wir durch die Miliz von den Angriffen von Janukowitschs Schlägern gerettet werden mussten.

Ein weiteres Werkzeug von Janukowitschs Partei der Regionen sind die Medien, die sie kontrolliert. Sie erzählen den Leuten, dass auf dem Luhansker Maidan Zuzügler aus den westlichen Regionen demonstrieren. Die meisten Menschen glauben das – und auch, dass auf dem Maidan Drogenabhängige stehen, die Geld für ihre Anwesenheit kassieren. Solche Lügen zu bekämpfen ist sehr, sehr schwer.

Immerhin: Die Konflikte zwischen der russischsprachigen Mehrheit und der ukrainisch sprechenden Minderheit haben in letzter Zeit deutlich abgenommen. Beide Gruppen igeln sich nicht länger ein, viele Leute beherrschen beide Sprachen. Das ist gut, denn endlich haben sich die Bürger hier in der Ostukraine zusammengeschlossen, um ein Regime zu bekämpfen, unter dem alle zu leiden hatten: sowohl die Russisch- als auch die Ukrainischsprachigen.

DARA KALASCHNIKOWA