Neue Behörden für Europa

FINANZMARKT Eine Bankenaufsicht in London, die Versicherungskontrolleure in Paris, die Börsenaufsicht in Frankfurt: Bei Zustimmung kann die EU-Finanzaufsicht 2011 starten

Was die neuen Behörden leisten können, hängt von ihrer Personalstärke ab

AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER

EU-Parlamentarier, EU-Kommission und der Verhandlungsführer der Mitgliedstaaten sind gleichermaßen begeistert von der neuen EU-Finanzmarktaufsicht. Sie hatten sich am Donnerstagabend darauf verständigt, die europäischen Kontrollgremien für Banken, Börsen und Versicherungen mit deutlich mehr Kompetenzen auszustatten. Wenn das EU-Parlament Ende September und eine Ratsmehrheit zustimmt, könnten die neuen Behörden 2011 starten. Der zuständige Binnenmarktkommissar Michel Barnier bezeichnete das Verhandlungsergebnis als Herzstück des Gesetzespakets zur Finanzmarktkontrolle. Nur gut funktionierende europäische Kontrollbehörden könnten dafür sorgen, dass zum Beispiel Hedgefonds wie geplant wirksam überwacht werden. „Das Ergebnis ist zum Teil besser als der ursprüngliche Kommissionsentwurf“, sagte der grüne Finanzexperte Sven Giegold der taz. So könnten die europäischen Behörden gefährliche Produkte für einen bestimmten Zeitraum verbieten. Der Verbraucherschutz werde durch besseren Informationszugang und standardisierte Daten gestärkt.

Doch der Kompromiss hat auch Schwachpunkte. So werden die Behörden nicht, wie vom Parlament gefordert, am Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt angesiedelt. Vielmehr wandert die Bankenaufsicht nach London, die Versicherungskontrolleure werden in Paris sitzen, die Börsenaufsicht in Frankfurt. Dort wird auch der neue Risikorat angesiedelt sein, der als Frühwarnsystem künftige Krisen rechtzeitig erkennen soll.

Die neuen Aufsichtsbehörden sollen prüfen, ob nationale Finanzgesetze mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. Sie sollen bei grenzüberschreitenden Kreditinstituten das letzte Wort haben. Das Europaparlament hätte solche Institute gern direkt unter europäische Aufsicht gestellt. „Die Deutsche Bank im Kompetenzgewirr von 27 Aufsichtsgremien – das hatten wir uns eigentlich anders vorgestellt“, räumte Giegold gegenüber der taz ein. Negativ beurteilt er auch, dass die EU-Finanzminister entscheiden, wann ein Notfall eingetreten ist, der die neuen Behörden zu direkten Anweisungen an Mitgliedstaaten und Banken berechtigt. Den Notfall, so meint der grüne Europaabgeordnete, müsste eigentlich die EU-Kommission feststellen.

Ob die neuen Behörden wirksam arbeiten können, wird letztlich von ihrer Personalstärke abhängen. Ein Kommissionssprecher erklärte gestern, pro Gremium seien mittelfristig 100 Mitarbeiter eingeplant. Das hält Giegold für völlig unrealistisch. Schließlich hat schon die deutsche Bankenaufsicht Bafin mehr als 1.800 Angestellte.