Lech Wałęsa geht

Polens legendärer Arbeiterheld und früherer Staatschef ist aus der Gewerkschaft Solidarność ausgetreten

DANZIG taz ■ Noch einmal hatte sich Lech Wałęsa herumkriegen lassen. Am 25. Jahrestag der Solidarność hatte er seinen Austritt aus der Gewerkschaft angekündigt. Im letzten Moment verhinderte er selbst den Skandal. Nun, nach dem Wahlsieg der Kaczyński-Zwillinge hat Polens legendärer Arbeiterheld offenbar endgültig genug. „Ich will niemandem den Glanz stehlen“, sagte Wałęsa in Danzig und kündigte an, Ende August zum ersten Mal nicht an den Solidarność-Feierlichkeiten teilzunehmen. Er wolle alleine zum Denkmal für die gefallenen Werftarbeiter schreiten, nachdem die Kaczyńskis wieder abgezogen seien, kündigte Polens Ex-Präsident an.

Dass Lech Wałęsa mit den Kaczyńskis nichts am Hut hat, ist in Polen bekannt. Er sei bereits zu Neujahr aus der Solidarność ausgetreten, ließ Wałęsa durch Jerzy Borowczak, einen der drei Arbeiter, die den legendären Streik am 14. August 1980 begonnen hatten, jetzt ausrichten. „Das ist eine schwere, persönliche Angelegenheit“, sagte Wałęsa am Dienstag der Gazeta Wyborza und verweigerte weitere Auskünfte.

„Bereits nachdem die Solidarność das kommunistische Monopol besiegt hatte, schlug ich vor, die Fahnen einzuholen, um sie nicht zu beschmutzen. Man hörte nicht auf mich“, sagte Wałęsa kürzlich. „Heute gibt es nicht einmal ein Zehntel der Mitglieder, die ich damals hatte“, kritisierte er. Für ihn gäbe es dort heute keinen Platz mehr.

Unter der Gewerkschaftsführung des heutigen Staatschefs Lech Kaczyński und Marian Krzaklewski ist Solidarność immer weiter nach rechts gedriftet. Im letzten Herbst unterstützte sie offen die heutige Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit« (PiS). „Wir sind für die PiS, und er ist für die Bürgerplattform. Wieso spricht Wałęsa so schlecht über Radio Maryja?!“, ärgert sich Karol Guzikiewicz, Solidarność-Vizechef der Danziger Werft.

Nicht nur bei der heutigen Gewerkschaft Solidarność nimmt man es Wałęsa übel, dass er den Antisemitismus des ultrarechten Radiosenders kritisiert hat und für eine Schließung des Radios eintritt. Auch die Kaczyńskis haben kürzlich die Gegner „Radio Maryjas“ als „Feinde der Freiheit“ kritisiert. Es gebe eben eine Rivalität zwischen den Kaczyński-Zwillingen und Wałęsa, meint Guzikiewicz. Er wolle den Solidarność-Feiertag am 31. August lieber im Kreise ihm wohlgesonnener Freunde verbringen, konterte Wałęsa. PAUL FLÜCKIGER