Dominanz und Hypnose

KOMPAKT Das Kölner Technolabel hat seine minimalistische Klangästhetik in Richtung elektronischer Pop erweitert und feiert in der Panoramabar

Dass man beim Kölner Label Kompakt eine freizügige Interpretation von Techno pflegt, hätte man in Zeiten von Minimaltechno nicht für möglich gehalten. In den vergangenen zwölf Jahren hat sich der streng funktionale Kompakt-Sound aber nach und nach stilistisch geöffnet, und das Label hat sich zu einer der erfolgreichsten Produktionsstätten für elektronische Tanzmusik überhaupt entwickelt. Dass die Rheinländer jedoch so weit in komplett genrefremde Gefilde vorstoßen wie 2010, darf doch als Überraschung gewertet werden.

Labelchef Wolfgang Voigt etwa hat vor wenigen Monaten unter dem Pseudonym Freiland-Klaviermusik auf dem Kompakt-Sublabel Profan eine Album veröffentlicht, dessen minimalistische Strukturen zwar oftmals an die Klangsignatur des Techno erinnern, jedoch nicht am Computer, sondern am Piano entstanden sind. Eine stoisch polternde Bassdrum bildet das Fundament für ein Sammelsurium an schrägen Akkorden, Melodien und Interludes. Auch der Produzent Superpitcher war in diesem Jahr äußerst umtriebig. Der gefragte DJ, der bürgerlich auf den Namen Aksel Schaufler hört, hat sich für die Konzeption seines zweiten Albums lange Zeit gelassen.

Seit Anfang der Woche liegt „Kilimanjaro“ nun in den Läden. Das Album kommt mit klar produziertem Gesang, eingängigen Hooklines und rhythmischen Bassläufen daher, und fast ist man geneigt, „Kilimanjaro“ als astreine Popmusik zu betiteln.

Popappeal im Trackformat

Typische Klangeigenschaften des Techno lassen sich trotz des stets gegenwärtigen Popappeals kaum von der Hand weisen: Wie Voigt setzt auch Schaufler auf eine gerade, dominante Bassdrum und arbeitet oftmals mit repetitiven, teils hypnotischen Melodien. Auch was die Länge betrifft, bewegen sich die Songs eher im Clubformat.

Die große musikalische Bandbreite des Labels wird wieder einmal durch die renommierte „Total“-Reihe präsentiert. Bereits zum 11. Mal ist ein gleichnamiger Sampler in diesem August erschienen, und während das Cover wie gewohnt minimal gehalten wurde, sind die insgesamt 26 Songs vielseitiger denn je. Von geradlinigem Techno, der in Köln einst unter dem Namen „Sound Of Cologne“ firmierte, über südamerikanisch angehauchte Dance-Nummern bis hin zu groovigen Disco-Songs ist auf Kompakt „Total 11“ alles vertreten. Dazwischen finden sich immer wieder Überraschungen: elektronisch angehauchte Popsongs sowie die ein oder andere Obskurität. Die Öffnung von Techno hin zu anderen Musikstilen ist also geglückt. Und Beispiele wie das Kompakt-Label zeigen: Elektronische Musik ist lebendiger denn je. PHILIPP REINKEN

■ 10. September, 24 Uhr, Panoramabar: Kompakt-Label-Nacht „Kompaktorama“ mit DJs Michael Mayer, Geo, Walls, Jatoma und Ivan Smagghe