Nachhaltiger Spaßfaktor für alle Beteiligten

REISEN Wer auch in Zukunft noch einen schönen Urlaub haben möchte, sollte seine Ferien schon heute bewusster gestalten

■  Siegel CSR-Tourism-Certified: 36 Mitglieder des forums anders reisen (www.forumandersreisen.de) sind inzwischen zertifiziert. Überprüft wird das Siegel von der gemeinnützigen Gesellschaft (GbR)TourCert (www.tourcert.org)

■  Infos zum Thema „Fair reisen“: Sympathiemagazine des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung unter www.studienkreis.org; das Infoheft „Fair Reisen mit Herz und Verstand“ kann kostenlos beim Evangelischen Entwicklungsdienst bestellt werden (www.eed.de); Tourism Watch, www.tourism-watch.de; AKTE, www.akte.ch

■  Empfohlene Kompensationsanbieter: Atmosfair (www.atmosfair.de); MyClimate (www.myclimate.org); GoClimate GmbH (www.goclimate.de)

■  Der Marktcheck der Verbraucherallianz „fürs klima“ kann unter www.verbraucherfuersklima.de abgerufen werden.

■  Die WWF-Studie „Der touristische Klima-Fußabdruck“ lässt sich unter www.wwf.de/downloads/wwf-magazin/januar-2010/touristischer-fussabdruck/ runterladen. (fh)

VON FRANK HERRMANN

Reisen macht Spaß. Das findet auch der überwiegende Teil der Deutschen. Selbst in Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrise unternehmen jedes Jahr rund 75 Prozent von ihnen eine Urlaubsreise von fünf oder mehr Tagen. Die Devise lautet: Eher im und am Urlaub sparen als totaler Reiseverzicht.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis spielt bei der Auswahl der Reise weiterhin eine gewichtige Rolle. Doch haben Sie unabhängig von Kosten und Komfort schon einmal überlegt, wie viel CO2 Ihr Urlaubsflug verursacht, haben sich Gedanken über den Lohn des Barkeepers gemacht oder sich gefragt, warum das Wasser Ihrer Luxuslodge in der Wüste nie zu versiegen scheint?

Fall die Antwort nein lautet, sind Sie nicht alleine. Nur ein Bruchteil aller Reisenden hat sich bislang mit dem Thema sozial verträgliches und umweltfreundliches Reisen auseinandergesetzt. Und dies, obwohl laut einer Studie von Tourism Watch rund 37 Prozent aller Reisenden ein entsprechendes Angebot buchen würden. Die theoretische Bereitschaft der Touristen ist größer als ihr tatsächliches Engagement.

Dabei wissen viele von uns inzwischen, dass ein zweiwöchiger Mallorcaurlaub pro Person mehr als eine Tonne CO2 verursacht und das Klima ebenso sehr schädigt wie ein Jahr Autofahren, dass ein Träger auf dem Inkatrail in Peru das Gepäck der Touristen für weniger als 5 Euro pro Tag über 4.200 Meter hohe Pässe wuchtet und dass ein 18-Loch-Golfplatz pro Tag mehrere hunderttausend Liter Wasser verschlingt. Aber wer will sich schon die schönsten Wochen des Jahres mit solchen Zahlen verderben?

Doch den Kopf in den Sand stecken und weitermachen wie bisher wird nicht mehr lange möglich sein. Zumindest wenn wir ein ernsthaftes Interesse daran haben, dass Inselgruppen wie die Malediven oder die Seychellen nicht als Folge des Klimawandels im Meer versinken oder dass Angestellte im Tourismus besser bezahlt werden und nicht gezwungen sind aus schierer Not in reichere Länder auswandern.

Fair und nachhaltig zu reisen ist dabei viel leichter, als viele glauben, und den Spaß am Urlaub nimmt es schon gar nicht. Ganz im Gegenteil: Ist es nicht ein gutes Gefühl zu wissen, dass die Ausgleichszahlung für den Langstreckenflug in die Dom. Rep. oder die Mittelmeer-Kreuzfahrt in ein klimaneutrales Projekt fließt, zu wissen, dass der thailändische Hotelgärtner einen festen Arbeitsvertrag hat und sozialversichert ist, und dass sich unser Luxushotel in Ägypten mit Müllrecycling, Energiesparmaßnahmen und Wassermanagement auseinandersetzt?

Wie aber kann man sichergehen, dass all dies während der Urlaubsreise berücksichtigt wird? Indem man beispielsweise eine Reise bei einem Veranstalter bucht, der mit dem Siegel CSR-Tourism-Certified ausgezeichnet ist. Das Siegel, das nachhaltige und faire Kriterien einer Reise berücksichtigt, wurde 2009 vom forum anders reisen, einem Zusammenschluss von 150 kleinen Reiseveranstaltern, ins Leben gerufen. Überprüft wird die gesamte Wertschöpfungskette einer Reise: Dies beginnt beim Papierverbrauch im Reisebüro, geht über die Reisegruppengröße bis hin zur Auswahl geeigneter Hotels, die festgelegte Sozial- und Umweltnormen erfüllen.

Rund 37 Prozent aller Reisenden würden sozial und ökologisch verträglich buchen

Eine besondere Rolle kommt der An- und Abreise zu. Das forum anders reisen empfiehlt für Fernreisen unter 14 Tagen Aufenthaltsdauer nicht das besonders klimaschädliche Flugzeug als Transportmittel zu wählen, das nach Angaben der Umweltorganisation World Wide Fund for Nature WWF für 17 Prozent der klimaschädlichen Emissionen im Tourismus verantwortlich ist. Um unseren „touristischen Klima-Fußabdruck“ (s. Kasten) sichtbar zu machen, fordert der WWF eine Kennzeichnung der CO2-Emissionen bei Reisen.

Wer dennoch im Urlaub nicht aufs Fliegen verzichten möchte, der sollte ernsthaft über eine freiwillige Ausgleichszahlung für die durch den Flug verursachten Klimagase nachdenken. Sie lässt sich problemlos per Internet über Kompensationsagenturen vornehmen, die mit den Geldern Projekte finanzieren, die das durch den Flug verursachte CO2 ausgleichen. Drei von ihnen hat die Verbraucherallianz „fürs klima“ in einem Marktcheck von Mai bis Juli 2010 als empfehlenswert eingestuft (s. Kasten).

Sinnvoll wäre es sicherlich, die Klimakompensation für Flüge verbindlich zu machen und die Fluglinien zur Kasse zu bitten, wie es der WWF ebenfalls fordert. Einen Schritt in diese Richtung macht die Europäische Union im Jahr 2012, wenn der internationale Flug- und Seeverkehr in das europäische Emissionshandelsgesetz einbezogen wird. Dann könnten Flugreisen deutlich teurer werden.