Die fetten Jahre sind vorbei

HSV HANDBALL Uwe Schwenker will nicht Geschäftsführer werden, die Not des Vereins wächst

„Ich befinde mich nicht auf dem Restpostenmarkt für alternde Manager“

UWE SCHWENKER

Wem noch die richtige Vorstellung von der Notlage des HSV Handball gefehlt hatte, wurde vor wenigen Tagen bedient. Die Meldung „Schwenker sagt dem HSV ab“ lief am Dienstag über die Nachrichtenticker. Sie veranschaulicht gut, wie es um den jungen Verein aus Hamburg bestellt steht. Es erstaunt doch sehr, dass sich der HSV-Präsident Andreas Rudolph (58), der von Anfang 2005 an insgesamt mehr als 25 Millionen Euro in den Klub gepumpt hat, ausgerechnet an Uwe Schwenker (54), den früheren Manager des THW Kiel, gewandt hat.

Zur Erinnerung: Es war schließlich Rudolph gewesen, der Schwenker vor knapp fünf Jahren öffentlich der Schiedsrichterbestechung beschuldigt hatte und so entscheidend zu dessen unfreiwilligem Ausscheiden beim THW beitrug. Und nun wandte sich Rudolph an Schwenker, der zu seinen Kieler Zeiten den Ruf eines gewieften Kenners der Szene genoss.

Der Medizintechnikunternehmer Rudolph steht unter Zugzwang. In einer öffentlichen Bestandsaufnahme beschrieb er die finanzielle Situation seines Klubs als „dramatisch“. In der laufenden Saison fehlen dem Verein knapp zwei Millionen Euro, allein 120.000 Euro durch das Verpassen des Final Four. „Es ist kurz vor zwölf“, sagte Rudolph in einer Pressekonferenz, den amtierenden Champions-League-Sieger nannte er einen „Sanierungsfall“.

Als erste Maßnahme wurde der Geschäftsführer Christoph Wendt beurlaubt. Ihm wurde zu einem großen Teil angelastet, dass die Einnahmen des Vereins von 9,6 Millionen Euro in der Meistersaison 2010/11 auf 7,2 Millionen Euro gesunken sind. Zudem wurde jenen Spielern mit auslaufenden Verträgen (Torsten Jansen, Matthias Flohr, Blazenko Lackovic, Davor Dominikovic, Zarko Markovic und Torhüter Marcus Cleverly) mitgeteilt, dass für sie im Sommer beim HSV Handball Schluss sei.

Es handelt sich um die von Panik bestimmte Gegenmaßnahme zu einer über Jahre hinweg gepflegten Transferpolitik, die hochriskant war. Als Höhepunkt wurden vor der aktuellen Saison munter Spieler verpflichtet, als gäbe es kein Morgen mehr. Die Folge: Der Kader wurde enorm aufgebläht. Und der vermeintliche Luxus wurde zu einem Problem, weil etliche Spieler wegen der geringen Einsatzzeiten unzufrieden waren.

Als erste Maßnahme zur Rettung des Klubs hat Rudolph die Präsentation eines neuen Geschäftsführers geplant. Von Schwenker gab es einen Korb. „Ich stand seit Mitte Januar mit Präsident Andreas Rudolph in Kontakt. Wir hatten mehrere Gespräche, und er hat mir ein konkretes Angebot gemacht“, sagte Schwenker. Nach einem Monat der Sondierung sagte Schwenker: „Ich schließe eine Rückkehr in den Handball nicht aus, aber dann müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Ich befinde mich nicht auf dem Restpostenmarkt für alternde Manager.“

Bis zum Ende der Woche soll der neue Geschäftsführer gefunden sein. Auf ihn wartet viel Arbeit. Es gilt, den Kader umzustrukturieren. In Hamburg sind die fetten Jahre vorbei. Es geht nur noch darum, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten.  GÖR