Elbe-Ausbau alarmiert Umweltschützer

Das Bundesverkehrsministerium schließt mit Tschechien ein Abkommen über die Schiffbarkeit der Elbe. Die Einigung bedroht einen der letzten naturbelassenen Flussverläufe in Europa. Das Ministerium kann in der Übereinkunft nichts Neues erkennen

AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH

Bei der Umweltschutzorganisation BUND und ihrem Flussspezialist Ernst Paul Dörfler vom Elbeprojekt schrillten sofort die Alarmglocken. Vergangenen Donnerstag meldete die Prager Zeitung Právo, das deutsche und das tschechische Verkehrsministerium hätten sich auf ein Konzept für die Schiffbarkeit der Elbe geeinigt. Demnach soll der letzte noch weitgehend naturbelassene Fluss Europas vom Jahre 2010 an zwischen Decin in Nordböhmen und Hamburg an mindestens 345 Tagen des Jahres befahrbar sein. Ziel sei „die Belebung dieses jahrhundertealten Wasserweges“.

Dazu verpflichtet sich laut dem Bericht die deutsche Seite dazu, zwischen Hamburg und Dresden eine Fahrrinnentiefe von 1,60 Metern und weiter elbaufwärts eine Wassertiefe von 1,50 zu garantieren. Der BUND forderte umgehend, Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) solle öffentlich erklären, wie er das realisieren wolle. „Wenn mit Wasserständen aus einer fernen Vergangenheit die Elbeausbaupläne der Zukunft begründet werden, sind die nächsten Fehlinvestitionen absehbar“, erklärte Ernst Paul Dörfler. Befürchtet werden neue Ausbauvorhaben, wie sie von der Hafenlobby und der Landesregierung Sachsen-Anhalts immer wieder gefordert wurden. Dörfler präsentierte eine amtliche Statistik, nach der in den zurückliegenden 15 Jahren an durchschnittlich mehr als 100 Tagen im Jahr die geforderte Mindesttiefe nicht erreicht wurde. Der Klimawandel mit zunehmenden Trockenzeiten und extremen Wasserständen ist dafür verantwortlich.

Lediglich in den Siebziger- und Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts war die Elbe nahezu vollständig schiffbar. Dieser Zeitraum war nach einer Niedrigwasserstudie des Instituts für Klimafolgenforschung in Potsdam zugleich der wasserreichste der letzten 100 Jahre.

Sprecher Richard Schild vom Bundesverkehrsministerium winkt ab. Es sei „nichts Neues passiert“. Sogar die Einschränkung der Fahrrinnenbreite am Magdeburger Domfelsen von 50 auf 35 Meter sei festgehalten. Die genannten Wasserstände entsprächen den gegenwärtig angestrebten Mindesttauchtiefen. Bei der Vereinbarung mit dem Nachbarland handele es sich lediglich um eine Absichtserklärung und nicht etwa um einen Staatsvertrag. Das Abkommen lege eine „Marschrichtung“ fest. Man wisse aber nicht, wann man beim Ziel ankommen werde.

Der Sprecher von Minister Tiefensee antwortete ausweichend auf die Frage, ob sich Deutschland also zu etwas verpflichtet habe, das es mit Sicherheit nicht garantieren könne. Denn auch ein Sprecher des Sächsischen Umweltministeriums betonte, am Lauf der Elbe durch Sachsen werde sich nichts ändern. So steht es auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD in Sachsen. Das Abkommen habe nur den Status quo festgeschrieben, so der Sprecher. Er verwies darauf, dass es nicht Tschechiens Interesse sei könne, mit der geplanten Staustufe bei Decin die Wasserführung der Elbe bei Niedrigwasser stromabwärts zu beeinträchtigen.