„Stinkendes Manöver“

Israels Ministerpräsident Olmert ernennt zwei eigene Kommissionen zur Untersuchung des Libanonfeldzugs

JERUSALEM taz ■ Es scheint, als versuche Israels Premierminister Ehud Olmert mit letzter Kraft, seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Ungeachtet der öffentlichen Kritik, ungeachtet seiner dramatisch sinkenden Popularität im Volk und ungeachtet der Proteste von Reservisten und Eltern gefallener Soldaten, die seinen Rücktritt fordern, entschied er sich gegen eine unabhängige Untersuchungskommission zu den Entwicklungen während des Libanonkrieges. Stattdessen wird es zwei Prüfungskommissionen geben, deren Mitglieder die Regierung selbst benennt.

In den Reihen von Olmerts Koalition rumort es. „Die Kommissionen verfügen weder über klare Kompetenzen noch über einen zeitlichen Rahmen“, urteilte Wissenschaftsminister Ofir Pines-Pas (Arbeitspartei). Außerdem kritisierte er die Anhäufung von Kommissionen, die „zu einem Chaos führen werden“. Der Abgeordnete Effi Eitam von der national-religiösen Liste Mafdal vermutet hinter der Ernennung der Untersuchungskommissionen den „Versuch der Regierung, die Verantwortung auf die Armee abzuwälzen“. Gegenüber dem Armeesender machte der Minister für Infrastruktur Benjamin Ben-Elieser bereits Stabschef Dan Halutz für die Fehler der Offensive verantwortlich.

Neben der von Olmert eingesetzten Kommission, die das Verhalten und die Entscheidungen der Regierung beim Libanonfeldzug analysieren soll, besteht bereits eine vom Verteidigungsministerium eingesetzte Kommission, die sich auf das Vorgehen der Armee konzentriert. Über die staatlichen Mängel beim Schutz der Zivilbevölkerung soll der Oberstaatsanwalt ein Gutachten anfertigen.

Olmert argumentierte gegen eine staatliche Untersuchungskommission, die die Armee „öffentlich zur kollektiven Geißelung antreten“ ließe. Israel stehe noch immer vor großen Bedrohungen, deshalb werde er es nicht zulassen, das Militär „für Monate und länger lahmzulegen, nur um den einen oder anderen zufriedenzustellen“.

Die seit Tagen vor dem Büro des Premierministers zum Teil per Hungerstreik demonstrierenden Reservisten und Eltern gefallener Soldaten nannten Olmerts Entscheidung ein „stinkendes Manöver“. Problematisch ist, dass die Regierungskommissionen selbst nicht einmal die Möglichkeit haben, Zeugen vorzuladen. Eine unabhängige Kommission, der gewöhnlich der Chef des Obersten Gerichtshofs vorsteht, hätte hingegen auch konkrete personelle Konsequenzen einleiten können. So geschehen nach der Libanonoffensive 1982, als der damalige Verteidigungsminister Ariel Scharon infolge des Massakers in Sabra und Schatila seines Postens enthoben wurde. SUSANNE KNAUL