Präsident kündigt seine Kandidatur per Facebook an

NIGERIA Die Ambitionen von Goodluck Jonathan stellen die Regierungspartei vor eine Zerreißprobe

NAIROBI taz | Mit einer Nachricht auf seiner Facebook-Seite machte Nigerias Präsident Goodluck Jonathan allen Spekulationen ein Ende. „Nach ausführlichen Konsultationen bestätige ich … dass ich für die Wahlen im Januar 2011 als Präsidentschaftskandidat antrete“, kündigte Jonathan an. „Damit will ich nicht so tun, als hätte ich einen Zauberstab, der alle Probleme unseres Landes löst, oder als wäre ich der intelligenteste Mann im Land – weit gefehlt“, setzte er gewohnt bodenständig nach. Stattdessen werde er dem nigerianischen Volk dienen und stets die Wahrheit sagen. Beides wäre in Nigeria äußerst ungewöhnlich.

Mit Jonathans Ankündigung platzte eine politische Bombe. Der Zeitpunkt war geschickt gewählt. Während der Präsident von Afrikas bevölkerungsreichster Nation, der das Amt erst im Februar nach dem Tod seines Vorgängers Umaru Yar’Adua übernommen hatte, seine Nachricht postete, versuchte Exmilitärherrscher Ibrahim Babangida gerade, mit einer Großkundgebung seinen eigenen Wahlkampf einzuläuten. Während Babangida sich als Politiker vom ganz alten Schlag präsentierte, verkaufte sich Jonathan als nigerianischer Obama.

Doch was vor allem bei jungen Wählern ankommt, droht die seit Ende der Militärdiktatur 1999 regierende Demokratische Volkspartei (PDP) zu zerreißen. Ohne auf Jonathans Ankündigung einzugehen, kündigte die PDP am Mittwochabend an, ihren Kandidaten in Vorwahlen bestimmen zu lassen.

Der Vorwand, den etablierte PDP-Politiker schon seit langem gegen Jonathan vorbringen, ist seine Herkunft. Jonathan gehört der Minderheitenethnie der Ijaw aus dem Nigerdelta an und ist Christ. Nach einer ungeschriebenen Regel der PDP müsste aber derzeit ein Muslim aus dem Norden Nigerias regieren. Auf den aus dem Süden stammenden Olusegun Obasanjo war mit Yar’Adua eben ein solcher gefolgt. Dass der Vize Jonathan übernehmen würde, war nicht vorgesehen.

Der wahre Grund ist indes, dass Jonathan keine Marionette einer der Politpaten ist, die sonst Nigerias Politik bestimmen. Den Paten ist Jonathan zu integer und zu geschickt im Umgang mit der Macht. Nur Monate nach seiner Amtsübernahme hat Jonathan alle alten Machtfiguren ausgetauscht, zuletzt die Chefs von Polizei, Armee und Geheimdienst. Das macht ihn vielen Wählern sympathisch. Doch die 150 Millionen Nigerianer sind ungeduldig: Armut und Arbeitslosigkeit sind unverändert hoch. Deshalb fällt Jonathans Beliebtheitsrate seit Monaten. MARC ENGELHARDT