Handballer-Hände heilen Fußballer-Füße

Er ist der Doktor Müller-Wohlfahrt deutschen Behinderten-Nationalelf: Seit drei Wochen betreut der Dortmunder Peter Dietrich das Team bei und zwischen den Spielen. Erfahrungen beim Handball und American Football sind hilfreich

KÖLN taz ■ Ein Mann „mit Hand und Fuß“ – so könnte man den sportlichen und beruflichen Werdegang des Dortmunder Orthopäden und Sportmediziners Peter Dietrich beschreiben. Mit den Händen begann er als Sportler vor 20 Jahren, spielte aktiv für den VfL Gummersbach in der Handball-Bundesliga. Das lag nahe, denn Gummersbach ist nur 15 km von Bergneustadt entfernt, wo Peter Dietrich geboren und aufgewachsen ist. Mit Händen und Füßen ging es weiter: Wegen eines verletzten Fingers wechselte er zum American Football. Dort schaffte er mit den Düsseldorf Panther 1995 die Deutsche Meisterschaft und den Europapokalsieg.

Seit Mitte August diesen Jahres nun ist er bei den Füßen angekommen – als Mannschaftsarzt der deutschen Elf bei der Fußball-WM 2006 der Menschen mit Behinderung. Und bei der geballten Leidenschaft – so jedenfalls lautet der offizielle Slogan des Mega-Sportfestes.

Seinen ersten Einsatz hatte der 38-jährige Orthopäde am 29. August beim Eröffnungsspiel der deutschen Mannschaft gegen Japan in der MSV-Arena in Duisburg. Bundespräsident Köhler, Sport- und Polit-Prominenz und 22.000 Zuschauer sahen den kahlköpfigen Sportmediziner mehrere Male aufs Spielfeld spurten. Gemeinsam mit dem Physiotherapeuten Rino Ferreri aus Lemgo behandelte er Verstauchungen, Wadenkrämpfe und Muskelzerrungen. „Wenn es nötig ist“, meint Dr. Dietrich, „kann ich auch Platzwunden nähen. Und bei eventuell auftretenden Herz-Rhythmusstörungen ist es immer gut, wenn ein Arzt dabei ist.“

Nach dem Spiel, das Deutschland mit 3:0 gewann, zog er Bilanz: „Es gab eine leichte und eine mittelschwere Verletzung auf deutscher Seite. Aus sportmedizinischer Sicht gibt es aber keine großen Unterschiede zwischen behinderten und nicht behinderten Spielern. Die Verletzungsmuster sind gleich – allerdings sind die behinderten Kicker nicht so austrainiert wie die Profis.“

Er selbst betreibt immer noch regelmäßig Krafttraining. Das tägliche Training als aktiver Sportler habe früher viel Zeit gekostet. „Mit Familie war das schlecht zu vereinbaren“, bekennt der niedergelassene Sportmediziner. In seiner Orthopädischen Praxis, die er seit gut einem Jahr in Dortmund betreibt, ist er wieder bei den Händen angelangt: Dort bietet er als eine Spezialität die „Manuelle Medizin“ an. „Das sind spezielle Griffe, um etwa Gelenke im Wirbelsäulenbereich einzurenken“, erklärt Peter Dietrich. Ein Stück Leidenschaft schwingt mit, wenn er erzählt, dass er ärztliche Kollegen an der Gottfried-Gutmann-Akademie in Hamm in dieser Technik ausbildet. „Alles, was mit dem Bewegungsapparat zu tun hat, interessiert mich und die Arbeit als Arzt macht mir Spaß.“

SIEGFRIED SCHMIDTKE

Die deutsche Mannschaft trifft in der Vorrunde heute um 17 Uhr in Lippstadt auf Nordirland und am 7. September um 12.15 auf der Bielefelder Alm auf Russland. Der Eintritt zu allen Spielen – ausgenommen das Endspiel in der Bay-Arena in Leverkusen – ist übrigens frei.