die taz vor elf jahren über den spießigen protest gegen die französischen Atomversuche
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Die Seeschlacht vor Moruroa wird zur Medienschlacht. Die französische Marine hat bei der Kaperung der Greenpeace-Flotte mit eigenen Kameras versucht, anhand von Gegenbildern Greenpeace auf dessen eigenem Terrain zu schlagen. Der militärische Piratenakt live on stage. Und dennoch hat der Öko-David gesiegt. Greenpeace kann nur gewinnen, der Bonus des wackeren Kleinen im Kampf gegen die Atomiker ist beachtlich.

Es ist erstaunlich und großartig, wie eine Handvoll Umweltaktivisten mit ihren zwei Jollen die Weltnachrichten bestimmen. Jahrelang hatten Atombombentests die Aufmerksamkeit einer Mitteilung des Bundes der Steuerzahler, und jetzt dieser Mediensturm. Doch während Greenpeace auf der Sympathiewelle surft, werden die Atom-Touristen auf den „zivilen“ Protestschiffen mit Häme überschüttet. Der Spott gilt dem Spießer in Bermudashorts mit eisgekühltem „Tequila Sunrise“, Videokamera, Bierwampe und Trudchen im Arm auf dem Weg zur Bombe. Ganz toll zum Atoll.

Bei all dem Gelächter über Kapitän Ahab aus Wanne-Eickel wird allerdings nirgendwo gesagt, was am Atomprotest des gemeinen Gutmenschen so verwerflich ist. Soll die „Spießerflotte“ statt mit Greenpeace aufs Atoll lieber mit Neckermann nach Mallorca segeln? Die Häme gegen diese Proteste ist ein wenig dämlich. In ihrer ganzen Naivität ist jeder von denen weit engagierter als die abgefuckt zynischen Pöbler der deutschen Journaille. Manfred Kriener, 4. 9. 1995