Kirche öffnet sich für Tarifverträge

ARBEITSRECHT Evangelische Kirche Niedersachsens und das Diakonische Werk wollen Bezahlung künftig mit den Gewerkschaften aushandeln statt bloß kirchenintern

Den Weg für eine tarifliche „Sozialpartnerschaft“ hat die Synode der evangelischen Kirchen Niedersachsens am Samstag in Hannover geebnet. Die Tarife mit Diakonie-Mitarbeitern wird künftig keine kircheninterne Kommission mehr aushandeln, stattdessen sitzen die Gewerkschaften mit am Tisch. Das ist bundesweit neu und bedeutet eine Stärkung all der Arbeitnehmer, die sich durch die Kirchenkommission unzureichend vertreten gefühlt und das Gremium 2011 verlassen hatten. Auch das Bundesarbeitsgericht forderte im Jahr 2012, die Gewerkschaften einzubeziehen.

An diesem Mittwoch – und damit wird das Gesetz wirksam – wird in Hannover eine „Sozialpartnerschaft“ unterzeichnet. Greifen wird die schon in den nächsten Monaten: Dann werden neue Gehälter für die 30.000 Beschäftigten in evangelischen Krankenhäusern und Altenheimen Niedersachsens verhandelt.

„Wir begrüßen, dass die Kirche diesen Weg einschlägt“, sagt Annette Klausing“, Generalsekretärin der Gewerkschaft Ver.di – und hofft, dass andere Bundesländer folgen. Auch Hannovers stellvertretender Diakonie-Direktor Jörg Antoine ist zufrieden, zumal sich die arbeitsrechtlichen Ziele von Gewerkschaften und Diakone kaum unterschieden. Den Disput über das Streikrecht hat man durch ein verpflichtendes Schlichtungsverfahren gelöst.

Wie sich die neue Regelung auf Niedersachsens Sozialwirtschaft insgesamt auswirkt, ist noch nicht abzusehen. Bliebe sie der einzige Arbeitgeber, der an den öffentlichen Tarifen orientierte Gehälter zahlt, fürchtet die Diakonie vom Markt zu verschwinden: Vor allem in den von Kassen und Kommunen refinanzierten Bereichen wie der Altenpflege sieht sie sich seit Langem schon Mitbewerbern gegenüber, die teils bis zu 30 Prozent weniger zahlen.

Diese Konkurrenz für den von Antoine angestrebten Flächentarifvertrag Soziales mit ins Boot zu bekommen, könnte schwierig werden. Wenn es doch gelänge, wäre aber ein wichtiges Ziel erreicht: Berufe in der Sozialwirtschaft attraktiver zu machen – auch was das Geld angeht.  PS

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