Suche nach der Todesursache

KINDERSCHUTZ Die Obduktionspflicht bei Kleinkindern wird in Bremen kontrovers diskutiert

Die Obduktionspflicht bei Säuglingen und Kindern unter sechs Jahren, bei denen die Todesursache ungeklärt ist, bleibt in Bremen weiterhin umstritten. Geplant ist die Gesetzesänderung schon seit Anfang des Jahres. Gestern gab es eine öffentliche Anhörung, bei der neben Juristen und Ärzten auch Kirchenvertreter, Kinderschützer und Elternvertreter zu Wort kamen. Hermann Schulte-Sasse, Gesundheitsstaatsrat, sieht das Gesetz vor allem als „Schutz für Geschwisterkinder“. Misshandlungen seien bei Kleinkindern äußerlich oft nicht zu erkennen, sagte Schulte-Sasse.

Oberstaatsanwalt Dietrich Klein berichtete von zwei Fällen im letzten Jahr, bei denen eine Obduktion Schädelfrakturen gezeigt hat, obwohl keine äußeren Verletzungen vorlagen. In Bremen sterben jährlich rund 40 Kleinkinder. Vier bis sechs dieser Todesfälle werden von der Polizei untersucht.

Derzeit entscheidet der behandelnde Arzt, ob die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wird. Für den Rettungsarzt Andreas Callies ist das „eine Grauzone“. Zwar gebe es viele Handlungsempfehlungen, die Entscheidung treffe der Arzt aber in einer Ausnahmesituation.

Der Deutsche Kinderschutzbund hatte im Vorfeld kritisiert, dass die Angehörigen durch die Gesetzesänderung unter einen „Generalverdacht“ gestellt würden. Eine verpflichtende Obduktion entlastet laut Kinderarzt Stefan Trapp „auf lange Sicht“ aber auch die Eltern. Denen verschaffe die Obduktion Klarheit über die Todesursache ihres Kindes. Trauerbegleiter Heiner Melching sagte, eine Obduktion könne auch ganz neue Fragen aufwerfen: „Hat das Kind den Gendefekt von mir?“ HEH