Sieg mit fadem Beigeschmack

EL SALVADOR Die ehemalige Guerilla FMLN gewinnt hauchdünn die Stichwahl um die Präsidentschaft. Die unterlegene Rechte spricht von Betrug

Der Letzte der FMLN-Comandantes wird der nächste Präsident El Salvadors

AUS SAN SALVADOR CECIBEL ROMERO

Er ist der Letzte aus der Generalkommandantur der Nationalen Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN). Drei haben die Partei verlassen, einer ist gestorben. Salvador Sánchez Cerén, der Übriggebliebene, wird El Salvador von 2014 bis 2019 regieren. Er hat am Sonntag die Stichwahl um die Präsidentschaft denkbar knapp gewonnen: mit 50,11 Prozent der Stimmen gegen 49,89 Prozent des unterlegenen Kandidaten Norman Quijano von der ultrarechten Republikanisch-nationalistischen Allianz (Arena).

Umfragen hatten ihm einen Vorsprung von 10 Prozentpunkten prognostiziert und so – mit 48,9 zu 38,9 Prozent – hatte er auch den ersten Wahlgang vom 2. Februar gewonnen.

Erst nach Mitternacht, als die letzte Urne ausgezählt war, stand der neue Präsident fest. Arena hatte schon zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale behauptet, sie habe nach fünf Jahren FMLN-Regierung die Macht zurückgewonnen. „Der nächste Präsident heißt Norman Quijano“, sagte ihr Sprecher Jorge Velado mit Tränen in den Augen.

Quijano selbst schwante eineinhalb Stunden später die knappe Niederlage. „Wir wissen, dass die Wahlbehörde an die chavistische Diktatur von Venezuela verkauft wurde“, sagte er vor Anhängern. „Aber unsere Armee wird Wahlbetrug nicht zulassen.“

Schon im Wahlkampf hatte er im Fall eines Siegs der Linken Unruhen wie derzeit in Venezuela an die Wand gemalt.

Sánchez Cerén trat erst gegen Mitternacht vor seine Anhänger und versprach, wie das so üblich ist, er werde „für alle regieren“. Die Parteibasis skandierte die alte Parole, nach der „ein einig Volk niemals besiegt“ wird.

Tatsächlich aber ist das Volk von El Salvador gespalten. Die zur Partei gewandelte ehemalige Guerilla FMLN hat nach dem Ende des Bürgerkriegs (1980 bis 1992) zweimal versucht, mit einem ehemaligen Comandante eine Präsidentschaftswahl zu gewinnen – und ist beide Male gescheitert. Erst 2009, als die Partei den vorher parteilosen populären Fernsehjournalisten Mauricio Funes als Kandidaten aufstellte, gewann sie.

Diesmal glaubte die frühere Guerilla, Excomandante Sánchez Cerén werde nicht mehr mit den Schrecken des Kriegs, sondern mit den in den vergangenen fünf Jahren aufgelegten Sozialprogrammen identifiziert, so dass nach dem Zwist zwischen Partei und parteilosem Präsidenten auch eine eigene Kandidatur keine Gefahr mehr darstellen würde. Das ging fast daneben.

Arena konnte sich in den letzten Tagen etwas vom Nimbus befreien, eine durch und durch korrupte Partei zu sein. Im ersten Wahlgang hatte sie darunter zu leiden, dass ihr Wahlkampfleiter, Expräsident Francisco Flores (1999 bis 2004), vors Parlament zitiert worden war, weil er sich an Hilfsgeldern für die Opfer eines Erdbebens Anfang 2001 bereichert haben soll. Nach der deutlichen Niederlage vom 2. Februar trennte sich Arena von Flores und leitete ein Parteiausschlussverfahren ein. Das Ergebnis der Stichwahl sei nun für Arena „eine Niederlage mit dem Geschmack des Siegs“, sagte Roberto Rubio, Vorsitzender der Organisation Funde, die in El Salvador Transparency International vertritt. Für die FMLN dagegen sei es „ein Sieg mit dem Geschmack der Niederlage“.

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