Essen: Ja. Handy: Nein

HARTZ IV Für die Regelsätze wird analysiert, was die Ärmsten im Land für den täglichen Bedarf ausgeben. Dann wird noch einmal gekürzt

BERLIN taz | Die aktuellen Hartz-IV-Sätze beruhen auf der Einkommens- und Verbrauchsstatistik (EVS) des Jahres 2003. Die Daten für die EVS werden alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt ermittelt, so dass die neue EVS 2008 die Berechnungsgrundlage für die Hartz-IV-Sätze ab Januar 2011 bilden soll.

Für die EVS wird die Einnahmesituation und das Ausgabeverhalten von 60.000 Haushalten in der Bundesrepublik akribisch in über 140 Posten abgefragt. Für die Berechnung der Hartz-Sätze orientiert man sich dann an den Ärmsten in der Bevölkerung. Es wird ermittelt, was die untersten 20 Prozent auf der Einkommensskala – und zwar nur Singlehaushalte – für ihren täglichen Bedarf ausgeben. Die Marke von 20 Prozent soll auch weiterhin gelten, künftig sollen jedoch auch Paarhaushalte mit einem Kind in die Berechnung einfließen.

Um Zirkelschlüsse zu vermeiden, werden Hartz-IV- und Sozialhilfebezieher aus der EVS-Referenzgruppe herausgenommen. Allerdings sind darin auch künftig Aufstocker – Menschen, die Hartz IV beziehen, obwohl sie arbeiten –, Wohngeldbezieher, Bezieher des Kinderzuschlags und „versteckte Arme“, die kein Hartz IV beantragt haben, enthalten.

Der Regelsatz kommt abschließend zustande, indem – mal mehr oder weniger kräftig – Abschläge an den in der EVS ermittelten Posten vorgenommen werden. Bei Nahrungsmitteln und Getränken fällt dieser Abschlag für Erwachsene minimal aus. 113,93 Euro stehen ihnen monatlich zur Verfügung, 359 Euro beträgt ihr Regelsatz insgesamt.

Deutlich weniger Geld jedoch bekommen Arbeitslose für Gesundheitsausgaben wie Medikamente oder Arztleistungen sowie für Mobilität zugestanden: Die Abschläge betragen hier rund 30 Prozent beziehungsweise mehr als 70 Prozent bei der Mobilität. Ein Auto sollen Hartz-IV-Empfänger nämlich nicht haben. Stattdessen gibt es im Monat 16,42 Euro für öffentlichen Nahverkehr. Die untersten 20 Prozent der Haushalte geben dafür rund 60 Euro aus. Für Urlaub, Bildung, Körperpflegeartikel, Schmuck, Foto-, Film oder Campingausrüstung sowie Handys wird Arbeitslosen hingegen kein Geld zugestanden.

Besonders drastisch fallen die Abschläge für Kinder aus. Je nach Alter werden ihnen pauschal 60, 70 oder 80 Prozent des Regelsatzes der Erwachsenen von 359 Euro zugebilligt. So erhalten Kinder bis sechs Jahren monatlich 215 Euro, 7- bis 13-Jährige 251 Euro und Kinder ab 14 Jahren 287 Euro. Kinder bis 6 Jahren bekommen im Monat also nur 68,36 Euro für Essen und Getränke zugestanden, für Heranwachsende ab 14 sind es 91,14 Euro.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Ermittlung der Regelsätze als grundgesetzwidrig verworfen und die Politik dazu verpflichtet, ein transparentes und sachgerechtes Berechnungsverfahren vorzulegen. Geschätzte Abschläge „ins Blaue hinein“ seien nicht angemessen. Vor allem die Sätze der Kinder dürften sich nicht einfach aus den Sätzen für Erwachsenen ableiten. Sie müssten sich an den speziellen Bedürfnissen von Kindern orientieren. EVA VÖLPEL