Hatz auf Ungarn in der Slowakei

Seit kurzem kommt es immer öfter zu Angriffen auf Angehörige der ethnischen Minderheit. Angeheizt wird die antiungarische Stimmung durch den Chef der rechtsextremistischen Partei SNS, die neuerdings mit in der Regierung sitzt. Kritik aus Brüssel

AUS PRAG ULRIKE BRAUN

Es brodelt an der schönen blauen Donau: Zwischen Slowaken und Ungarn kommen alte Aversionen an die Oberfläche, die tief im nationalistisch-revanchistischen Morast versunken schienen. Um sie hervorzuholen, brauchte es eine rechtsextremistische slowakische Partei und einen Ministerpräsidenten, der dieser Partei einen Teil der Regierungsverantwortung übertragen hatte.

In den vergangenen Wochen häuften sich Ausfälle gegenüber den 500.000 ethnischen Ungarn, die in der Slowakei leben. Beschränkte sich die Hatz anfangs auf Internetvideos oder Hasstransparente bei Fußballspielen, hat sie inzwischen handgreifliche Formen angenommen.Trauriger Höhepunkt ist der brutale Angriff auf eine Studentin in der südslowakischen Stadt Nitra Ende August. Die junge Frau wurde von zwei Männern krankenhausreif geprügelt, weil sie auf der Straße ungarisch gesprochen hatte.

Damit keine Zweifel an ihrem Motiv aufkamen, hatten die Täter die Bluse ihres Opfers mit Slogans beschmiert: „Die Slowakei ohne Parasiten“ und „Ungarn über die Donau“. Der Angriff auf die 23-Jährige brachte sogar Brüssel auf. „Dummer Nationalismus gehört nicht zu den Prinzipien der Union“, ließ der Vorsitzende der Europäischen Kommission, José Barroso, den slowakischen Ministerpräsidenten Róbert Fico wissen.

„Dummer Nationalismus“ hat in der Slowakei einen Namen: Ján Slota. Der Chef der Slowakischen Nationalpartei (SNS) nutzt seine antiungarischen Ressentiments zum Stimmenfang. Die Ungarn hätten nur ein Ziel, lässt Slota gerne verlauten: den Vertrag von Trianon rückgängig zu machen. Das Abkommen von 1920 nahm den Ungarn 72 Prozent ihrer Länder und bestätigte die Unabhängigkeit der Slowakei von der Stefanskrone.

Sollten die Magyaren in die Slowakei einfallen, beschwor Slota, werde er „Panzer nach Budapest“ schicken. Kampffloskeln, die als slowakische Folklore belächelt werden konnten, solange Slota nur als Oberbürgermeister des nordslowakischen Städtchens Žilina fungierte.

Doch seit Ministerpräsident Róbert Fico Slotas SNS in die Regierung holte, wirken die Ausfälle des 53-Jährigen zumindest wie eine Legitimation der antiungarischer Übergriffe. Ungarn seien hässliche Menschen mit mongolischen Zügen, wetterte Slota. Er beneide die Tschechen um die Vertreibung der Deutschen, erklärte er Ende Juli. Und: Hätten die Slowaken mit ihrer ungarischen Minderheit doch nur dasselbe gemacht.

Auf fruchtbaren Boden fallen Slotas Worte zu beiden Seiten der Donau. Ungarische Nationalisten nutzen die antiungarischen Ausfälle in der Slowakei, um antislowakische Ressentiments auszuleben. Unlängst kam es zu einer großen antislowakischen Demonstration in Budapest.

Die Spannungen zwischen Slowaken und Ungarn scheinen sich aber nicht nur auf die Straße zu beschränken. Langsam beinträchtigen sie auch das Verhältnis zwischen den beiden Ländern, das nie das entspannteste war. Ungarns Regierung sieht sich als Hüter aller Magyaren. Auch derer, die jenseits der ungarischen Staatsgrenzen leben.

„Ein gewisser Teil der ungarischen Bevölkerung hat Trianon nie akzeptiert“, meint der Journalist und Mitteleuropa-Experte Luboš Palata. „Viele betrachten die ganze Slowakei als Teil Großungarns.“ Bislang hat sich die ungarische Regierung darauf beschränkt, eine diplomatische Protestnote nach Bratislava zu senden. Die verwahrt sich gegen solche Reaktionen. „Weder diese Regierung noch ich brauchen irgendwelche Aufforderungen. Von niemandem“, erklärte der slowakische Premier Róbert Fico.