Brüssel stellt Paris Ultimatum wegen Roma

HINTERTÜR Frankreich hat zwei Wochen, um EU-Richtlinie zur Freizügigkeit umzusetzen, sonst droht Verfahren

BERLIN taz | Im Streit um Abschiebungen von Tausenden von Roma droht die Europäische Kommission jetzt ernsthaft damit, juristisch gegen Frankreich vorzugehen. Die Kommission habe den politischen Beschluss gefasst, ein formales Verfahren gegen Paris wegen Verletzung der EU-Richtlinie zum freien Personenverkehr einzuleiten, erklärte eine Sprecherin von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel. Derzeit sei die Freizügigkeitsrichtlinie von 2004 noch nicht vollständig in das nationale Gesetz integriert. Als Hintertür hat Frankreich aber die Möglichkeit, seine Praxis noch bis Mitte Oktober zu ändern und das EU-Recht komplett in nationales Recht umzusetzen. Sollte die französische Regierung nicht bis zum 15. Oktober einen detaillierten Plan vorlegen, wie die Garantien der Richtlinie umgesetzt würden, werde ein Verfahren eröffnet, erklärte die Sprecherin. Die Kommission und Frankreich waren wegen der Abschiebung von Roma aus Frankreich in ihre Heimatländer Rumänien und Bulgarien zuletzt auf dem EU-Gipfel vor einer Woche hart aneinandergeraten.

Nach der Richtlinie zur sogenannten Freizügigkeit von 2004 kann sich jeder Bürger grundsätzlich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen. Frankreich hat seit Juni mehr als 8.000 Roma in ihre Heimatländer abgeschoben und deren Siedlungen aufgelöst. Nach Ansicht der EU-Kommission hat die Regierung damit gegen EU-Recht verstoßen, weil die Roma als Staatsbürger Rumäniens und Bulgariens – und damit als Bürger der EU – das Grundrecht auf freien Aufenthalt in der EU genießen. GB