PRESS-SCHLAG
: Is’ halt Kapitalismus

GIER Kann man Fußballern ihre Millionengehälter vorwerfen? Nö, eigentlich nicht. Angebot und Nachfrage regeln den Verdienst

Die Welt ist schlecht. Jedenfalls die Fußballwelt. So eröffnete am vergangenen Samstag die ARD-Sportschau die Berichterstattung zum 25. Spieltag der Bundesliga. Am Tag zwei nach dem Urteil im Hoeneß-Prozess nahm sich der knapp vierminütige Film „Das Geschäft Fußball – total verkommen?“ nicht nur die Zockerei des früheren Bayern-Präsidenten vor, sondern gleich den Profifußball an sich.

„In einer Welt, in der Jugendspieler mehr verdienen als ihre Eltern, in einer Welt, in der man nicht mehr seine Sporttasche selbst tragen muss“ – darf man diese Welt, fragt Autor Marc Schlömer, sich überhaupt noch anschauen, mitfinanzieren? Jaaa, wollen wir da gleich rufen, wer denn sonst? Aber der Film dreht noch ein paar kleine Runden, bevor er selbst Antwort darauf gibt. Die Steuerbetrüger Hoeneß, Beckenbauer und Co werden noch mal vorgeführt, aber Steuersünder hat der Fußball nicht exklusiv. Schon interessanter ist die Frage, ob ein Spieler 100 Millionen wert sein kann. Bei Gareth Bale wären wir uns da nicht so sicher, bei Cristiano Ronaldo dagegen sind wir fast geneigt zu fragen: Etwa nicht? Wie einst Pelé, Maradona und Zidane, so locken heute Messi, Ronaldo und die anderen Topspieler Millionen von Zuschauern in die Stadien und vor die Bildschirme, Woche für Woche. „Sind sie deshalb bessere Menschen?“, fragt der Film. Nein, sie spielen nur besser Fußball, viel besser. Und das wollen wir sehen. Und dafür zahlen wir.

Darauf kommt „Das Geschäft Fußball – total verkommen?“ später auch selbst, allerdings nicht ohne unterwegs den Neid zu füttern. Da ist von „hier Volk“ und „da Volkshelden“ die Rede, und zwischen den Lebenswelten – so der Philosoph und Sportwissenschaftler Gunter Gebauer – gebe es keine Übereinstimmung mehr. Das erinnere eher an Hollywood als an Sport. Dabei organisiert sich der Spitzensport schon lange nach den Regeln des Kapitalismus, nämlich nach Angebot und Nachfrage, doch wir sollen uns wundern, wenn Spitzenfußballer reich und bekannt werden und deshalb in einer anderen Welt leben, wie die meisten Stars.

Die Regeln des Markts werden – der Fall Hoeneß macht’s möglich – zu Gier umgedeutet und so auf ein medizinisch-moralisches Problem reduziert. Und im Schatten läuft immer der Neid mit. Wie vor fünf Wochen. Da konnte sich der Sportschau-Reporter in seinem Bericht über die Begegnung Nürnberg gegen Bayern nicht verkneifen, noch einmal die 37 Millionen Euro, für die Mario Götze von Dortmund nach München wechselte, zu thematisieren. Er wolle zwar keine neue Neiddebatte anstoßen, sagte er damals, aber die 3,7 Millionen Euro, die Götze persönlich erhalten habe bei diesem Transfer, würden sich bei einem 21-Jährigen nicht gehören.

Borussia Dortmund übrigens hätte Götze am Samstag gut gebrauchen können. Reus, Blaszczykowski, Bender, Gündogan verletzt, Mkhitaryan gesperrt, da haben die Gelb-Schwarzen verloren, zu Hause. STEFAN MAHLKE