Noch immer Rätselraten um Flug MH370

MALAYSIA Die Boeing 777 bleibt nach über einer Woche weiterhin verschwunden. Inzwischen spricht vieles dafür, dass die Maschine entführt worden ist. Fragen und Antworten zum Schicksal von 239 Menschen

Das Gebiet, das jetzt nach der vermutlichen Kursänderung abgesucht wird, ist riesig

VON KLAUS HILLENBRAND

BERLIN taz | Mehr als eine Woche nach dem spurlosen Verschwinden des Fluges von Kuala Lumpur in Malaysia nach Peking mit 239 Menschen an Bord gehen die Ermittler nicht länger von einem plötzlichen Absturz aus. Indizien deuten darauf hin, dass die Maschine nach ihrem Verschwinden noch stundenlang flog. Die Suche wurde inzwischen auf Mittelasien und den Indischen Ozean ausgedehnt.

Wie konnte das Flugzeug überhaupt verschwinden?

Passagierflugzeuge senden über ihren Transponder an die Flugsicherung Informationen mit Flugnummer, Richtung, Höhe und Geschwindigkeit. Dieser Transponder fiel in der Nacht zum Samstag letzter Woche aus. Ein weiteres Kommunikationssystem ACARS wurde bereits kurz nach dem Start abgeschaltet. Radarexperte Mikael Robertson meint, der Transponder sei zu einem idealen Zeitpunkt abgeschaltet worden, um unerkannt zu entkommen – nach der Abmeldung von der malaysischen Luftaufsicht und vor der Kontaktaufnahme mit der vietnamesischen Luftüberwachung.

Konnte man das Flugzeug danach nicht mehr orten?

Die Transponderdaten werden als sekundäres Radar bezeichnet. Das bodengestützte Primärradar kann zwar Flugbewegungen in der Luft orten, es ist aber nicht möglich festzustellen, um welche Maschine es sich handelt. Das Bodenradar hat festgestellt, dass in der Nacht zum Samstag ein unbekanntes Flugzeug über Malaysia und das Andamanische Meer flog – vermutlich der gesuchte Flug MH370. Das Bodenradar ist landgestützt – über dem Ozean funktioniert es nicht.

Kann das Flugzeug in der Luft explodiert sein?

Unwahrscheinlich. NASA-Satelliten konnten zum fraglichen Zeitpunkt keine Explosion feststellen.

Warum vermutet man, dass die Boeing noch bis zu sieben Stunden lang weiter flog?

Die Triebwerke der 777 senden regelmäßig Daten über Satellit an den Hersteller Boeing, um mögliche Schäden noch in der Luft zu erkennen. Dieser Datenfluss lässt sich nicht abschalten, die Daten geben aber nur sehr grobe Hinweise darauf, wo sich das Flugzeug befand. Daraus stellten die Ermittler zwei mögliche Flugrouten her.

Könnte es sein, dass die Maschine irgendwo gelandet ist?

Das gilt als sehr unwahrscheinlich. Wäre das Flugzeug etwa in Indien oder Pakistan über Land geflogen, wäre das höchstwahrscheinlich dem militärischen Abwehrradar aufgefallen. Eine 777-Großraummaschine kann auch nicht auf einer kurzen Graspiste landen. Theoretisch denkbar wäre höchstens eine Landung auf einem unbenutzten Flughafen weitab der Zivilisation, etwa in der Südsee.

Also ist das Flugzeug längst abgestürzt?

Dafür spricht einiges. Möglicherweise stürzte die Maschine ins Meer, nach dem das Kerosin ausgegangen war. Ähnliches geschah 2005 mit einer zypriotischen Boeing 737, deren Passagiere und Crew wegen Sauerstoffmangels ohnmächtig geworden waren.

Handelt es sich dennoch um eine Entführung?

Das ist unklar. Nur Spezialisten wären in der Lage gewesen, den Transponder abzuschalten – so wie die Entführer in den USA am 11. September 2001. Danach flog MH370 erst besonders hoch, danach eher niedrig und vollführte vermutlich mehrere Kurven. Deshalb geraten nun auch die beiden Piloten in Verdacht.

Wie geht es jetzt weiter?

Die malaysischen Ermittler untersuchen derzeit bei jedem Menschen an Bord von MH370, ob er als möglicher Entführer in Frage käme. Die Wohnung des Piloten wurde durchsucht. Zugleich suchen Flugzeuge und Schiffe den Indischen Ozean ab. Das Gebiet ist riesig.