ZAUBERMEISTERIN ENTZÜCKT DIE REGIERUNG
: Ein kurzer Ölrausch

VON MARC ENGELHARDT

NEBENSACHEN AUS HARARE

Simbabwe ist eines der vielseitigsten Länder Afrikas. Weite Savannen gibt es hier ebenso wie schroffe Berge und die rauschenden Viktoriafälle. Eine Reise lohnt sich also. Schade nur, dass die wenigsten Simbabwer reisen können. Denn weil es seit fünf Jahren eine Benzin- und Dieselknappheit gibt, fahren Busse und Sammeltaxis nur selten und sind äußerst teuer.

Vor zwei Jahren, als die Inflation in siebenstellige Höhen stieg und der Zentralbankchef in der Not 10-Milliarden-Simbabwe-Dollar-Scheine drucken ließ, waren Benzingutscheine die einzige stabile Währung auf dem Schwarzmarkt. Kaum jemand kaufte Benzin damit, stattdessen wurden die Gutscheine von Käufer zu Händler zu Bauer weitergereicht, um Eier, Toast und Milch zu erwerben. Aber man hätte Benzin mit den Gutscheinen kaufen können – und das machte sie so wertvoll.

Obwohl inzwischen der US-Dollar offizielle Landeswährung ist, sind die Schlangen vor den wenigen Tankstellen immer noch lang. Manchmal dauert es Tage, bis ein Tankwagen neuen Kraftstoff aus Südafrika ablädt. Denn Devisen sind immer noch knapp. Selbst der nahezu bankrotte Staat kann es sich nicht leisten, für die dringend benötigten Importe in Vorkasse zu treten.

Umso größer muss die Begeisterung gewesen sein, als die Nachricht von einem Ölfund die Regierung erreichte. In Chinhoyi, knapp hundert Kilometer von der Hauptstadt Harare entfernt hatte eine Zaubermeisterin namens Rotina Mavhunga die Quelle entdeckt, die das Kabinett von Präsidenten Robert Mugabe (86) in Verzückung versetzte. Nicht nur eine, gleich mehrere Regierungsdelegationen statteten der Frau Besuche ab, die ihnen einen Fels präsentierte, aus dem reiner Diesel sickerte. Der war sogar schon raffiniert, konnte also sofort in den Autotank gefüllt werden. Fotoapparate klickten, während Mavhunga die lachenden Minister mit dem Treibstoff besprühte.

Auch Mavhunga selbst hatte gut lachen, denn Staatsbeamte ließen einige tausend US-Dollar, ein Auto und ein Stück Land zurück, um die Quelle von ihr eingehend untersuchen zu lassen. Mugabe setzte eine Sonderkomitee des Kabinetts ein, um die Ausbeutung des neu entdeckten Rohstoffvorkommens zu planen. Doch noch während das Komitee an einer optimalen Strategie feilte, meldeten sich Zweifler zu Wort. Schließlich hatte die Zaubermeisterin Mavhunga einem Nachbarn erst kurz zuvor einen 16 Kilogramm schweren Stein verkauft, der angeblich aus purem Gold bestand. Tatsächlich war er nur angemalt.

Es folgte eine Untersuchung und schließlich ein Gerichtsverfahren. Das Ergebnis: Mavhunga hatte den Diesel aus alten Tanks gestohlen, die ein von Simbabwes Polizei vertriebener weißer Farmer auf seiner verstaatlichten Farm zurückgelassen hatte. Monatelang führte sie mit dem „Fund“ Simbabwes Regierung an der Nase herum, jetzt muss Mavhunga für 27 Monate ins Gefängnis. Dabei ist der Diesel in den Tanks nach Mugabes Lesart tatsächlich Staatseigentum: so richtig gelogen hat Mavhunga deshalb eigentlich nicht.