Scientology-Propaganda auf dem Ponyhof

Niedersachsen gibt Entwarnung bei der Ausbreitung der Seelenfänger. Das findet die Hamburger Sektenexpertin Caberta arglos: „Wer nicht sucht, findet auch nichts.“ Scientology sei auf dem Vormarsch

Es klingt beruhigend: „Eine leicht rückläufige Tendenz“ von Mitgliedern hat Uwe Schünemann bei der Scientology Organisation (kurz: SO) in Niedersachsen ausgemacht, ein „erhöhtes Engagement von Scientologen oder eine besondere Resonanz auf die Werbungsversuche von SO“ während der Fußball-Weltmeisterschaft hat der niedersächsische CDU-Innenminister „insgesamt nicht festgestellt“. So heißt es in seiner gestrigen Antwort auf eine Anfrage der CDU-Fraktion.

„Wer nicht nachschaut, findet auch nichts“, sagt hingegen Ursula Caberta von der seit 1992 beim Hamburger Innenressort angesiedelten „Arbeitsgruppe Scientology“ – einer in Deutschland einzigartigen Stelle, die Aussteiger oder auch Kommunen berät, wie sie sich gegen die vorgeblich nur dem Erfolg ihrer Mitglieder verpflichteten Organisation des Gründers Ron Hubbard wehren können.

Für Caberta klingen die Sätze des Ministers arglos: „Wir stellen bundesweit derzeit verstärkte Aktivitäten von Scientology fest.“ In Hamburg hätten sich „noch nie so viele Menschen zu den Info-Tischen“ der Scientologen gemeldet wie in der letzten Zeit.

Die Organisation aus den USA versuche „mit großem Engagement“ mit einer Kampagne namens „Krieg in Europa“ den alten Kontinent zu erobern. Nur die Verfassungsschützer in Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg würden die angebliche Religionsgemeinschaft derzeit gezielt überwachen, sagt Caberta: „Die anderen lesen Zeitung“ – auch Niedersachsens Schlapphüte.

„Mit großer Sorge“ beobachtet Caberta die Aktivitäten eines Ponyhofs in der Nähe von Lüneburg. In den Reiterferien würden hier Kindern Propaganda-Filme der Seelenfänger gezeigt: „Im Lokalradio spricht die Besitzerin über den Irak-Krieg“, wundert sich Caberta. Im niedersächsischen Verfassungsschutz-Bericht von 2005 wird der Hof nicht erwähnt.

Auch die weiteren, meist von Hamburg aus gesteuerten Aktivitäten in Niedersachsen sind beunruhigend: Immerhin sind Innenminister Schünemann eine frisch gegründete „Mission“ in Oldenburg, ein „Buchverlag“ in Seevetal, eine Scientology-Kirche und Infostände der Sekte in der City von Hannover aufgefallen. Cabertas nennt zudem ein Schulungszentrum in Garbsen und weitere Werbeaktionen der Scientologen in Uelzen oder Stade. „Ich weiß nicht, warum die Städte das zulassen“, sagt sie. „Solche Stände kann man mühelos verbieten.“ Kai Schöneberg