„Ich mache das mit Liebe“

INTERVIEW JUTTA HEESS

taz: Herzlichen Glückwunsch, Sabine Ball. Die taz-LeserInnen haben Sie zur Panter-Preisträgerin 2006 gewählt.

Sabine Ball: Ich freue mich sehr darüber, ich habe nicht damit gerechnet. Das berührt mich wirklich tief.

Wofür werden Sie denn die 5.000 Euro Preisgeld verwenden?

Wir hätten das Geld gern für den Aufbau einer Land-Wohngemeinschaft für jugendliche Straftäter und ehemalige Drogenabhängige verwendet. Aber jetzt werden wir das Geld wohl in ein Auto investieren müssen. Wir hatten mit unserem kleinen Bus, der uns vor anderthalb Jahren gebraucht gespendet wurde, einen Unfall. Zum Glück gab es keine Verletzten, aber der Bus ist hin. Zurzeit wissen wir gar nicht, wie wir die Kinder transportieren sollen. Deshalb brauchen wir dringend einen neuen Bus.

Außerdem stecken wir mitten im Ausbau unseres zweiten Kinder- und Jugendzentrums in Dresden-Pieschen. Da müssen wir neue Fenster einbauen und die Fassade verputzen lassen. Ein großer finanzieller Brocken, da kommt das Panter-Preisgeld gerade recht.

Wen wollen Sie mit ihrem Engagement erreichen?

Ich glaube, vor allem Jugendliche brauchen Vorbilder. Sie sollen sehen, dass wir Erwachsene auch Zivilcourage haben. Sie sollen aber auch sehen, dass vieles in die verkehrte Richtung läuft, denn wir Erwachsenen gehen ja oft zu weit mit unserer Freiheit. Es gibt gewisse Grenzen, die wir zu unserem eigenen Wohl einhalten sollten. Das hat dann mit selbstloser Liebe zu tun.

Sie meinen, jeder sollte uneigennütziger leben und handeln?

Ja. Das ist ja auch Gottes Ziel: dass wir den anderen höher schätzen als uns selbst. Und dass wir zu Dienern werden. Wie Jesus, der sich um die Armen, Kranken und Verlorenen gekümmert hat. Er ist mir zum Vorbild geworden. Durch seine Kraft und seine Liebe, die ich angenommen habe, bin ich überhaupt fähig, diese Arbeit zu tun. Und ich mache die Arbeit gerne, mit Liebe.

Sie selbst haben ja lange in Ihrem Leben auch eher an Ihr eigenes Vergnügen gedacht.

Ja, auch an meinen Wohlstand. Aber heute, wo ich fast nichts mehr habe – ich bekomme meine Sozialversicherung aus Amerika, das sind 850 Euro im Monat – bin ich glücklicher als vorher. Ich weiß Dinge mehr zu schätzen.

Sehen Sie sich selbst als Vorbild für die Kinder und Jugendlichen, die Sie bei Stoffwechsel e. V. betreuen?

Wir – also meine Mitarbeiter und ich – sind Vorbilder, indem wir das leben, was uns die Bibel zeigt, und nicht nur davon reden. Und wir sind immer da für die Kinder und Jugendlichen. Wir wollen ihnen Werte vermitteln, ihnen deutlich machen, dass jeder Mensch wertvoll ist. Oft haben die Kinder das vorher noch nie gehört, da hieß es eher: „Aus euch wird eh nichts.“ Das sind ja gewisse Flüche, die Eltern manchmal aussprechen. Wir hier sagen das Gegenteil.

Der Glaube beflügelt Sie und Ihre Mitarbeiter. Würden Sie denn gesamtgesellschaftlich gesehen von einer zunehmenden Religiosität sprechen?

Ja. Ich glaube, dass die Jugend genug hat von diesen negativen, auch aggressiven Einflüssen. Viele junge Menschen sagen, das geht zu weit, sie wenden sich ab und begeistern sich dann zum Beispiel für den Papst. Wir bei Stoffwechsel e. V. sind Protestanten, aber das ist zweitrangig. Es geht ja darum, Gott anzuerkennen.

Was sagen Sie dazu, wenn sich Menschen selbstlos für andere engagieren, etwa die anderen Panter-Kandidaten, ohne gläubig zu sein?

Das ist nicht das Allerwichtigste. Ich finde es einfach gut, wenn Menschen sich einsetzen und offene Augen haben für Not und Elend. Das brauchen wir mehr.