Gefangene begehren auf

JUSTIZ In der JVA Oslebshauen protestieren Gefangene mit einem Hungerstreik gegen Missstände

Im geltenden Strafvollzugsgesetz und im Entwurf des Landesstrafvollzuggesetzes sind Mitgestaltungsrechte für Inhaftierte vage formuliert.

■ Mit Interessenvertretungen die Gefangene zu beteiligen, liegt im Ermessen der jeweiligen Anstaltsleitung, häufig gestalten sie etwa die Anstaltsverpflegung mit.

■ Hungerstreiks sind in der Sicherheitsverwahrung ein gängiges Mittel, zuletzt in Rosdorf, Weiterstadt und Celle.

■ 2008 blieb ein bundesweiter Hungerstreik mit rund 500 Beteiligten weitgehend folgenlos.

Gefangene der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Oslebshausen fordern bessere Haftbedingungen. Am Freitag gingen elf von ihnen in den Hungerstreik. Acht Insassen hätten den Hungerstreik mittlerweile wieder beendet, sagte Carsten Bauer, Leiter der JVA, am Montag. Zwei Streikende verweigerten weiterhin die Anstaltskost, nähmen aber andere Lebensmittel zu sich.

Die Gefangenen prangern zahlreiche Missstände an: schlechtes Essen, keine intimen Besuchsräume, zu wenig Bildungsangebote und eine zu späte Schuldenberatung. Denn in der JVA gibt es keine Möglichkeit, eine Berufsausbildung zu absolvieren. Auch eine Schuldenberatung setzt in der Regel erst sechs Monate vor Entlassung der Gefangenen ein – dann, wenn sich oft schon hohe Schulden angehäuft haben.

Laut Anstaltsleiter Bauer gibt es inzwischen eine einstimmige „Forderungsliste“, die ihm allerdings noch nicht vorliege. Er nehme selbst hin und wieder die Anstaltskost zu sich. „Wir bieten anständiges Essen an“, so Bauer. „Dennoch versuchen wir, pro Gefangenem mit weniger als drei Euro hinzukommen.“

Bei den Ausbildungsangeboten stehen laut Bauer keine Änderungen bevor. Es gebe zwei Hauptschulklassen und mehrere Integrations sowie Alphabetisierungskurse. Für die „wenigen Insassen mit höherem Potenzial“ strebe die JVA den offenen Vollzug an, damit diese Bildungsangebote außerhalb der JVA wahrnehmen können.

CDU-Justizpolitikerin Gabi Piontkowski betont hingegen, dass auch im Grundbildungsbereich zusätzlicher Bedarf besteht. Piontkowski fordert zudem Schuldenberatung ab Haftbeginn. Sie will die Betroffenen in die Diskussion miteinbeziehen, denn: „Arbeit mit den Tätern ist der beste Opferschutz.“

Im Januar hat das Justizressort einen Entwurf zu einem Landesstrafvollzugsgesetz vorgelegt, das ab 2015 in Kraft treten könnte. Darin soll auch der Anspruch auf intime Besuchsräume geregelt werden. In anderen Ländern gibt es bereits Rückzugsmöglichkeiten für Besuche von nahen Verwandten.

Justizressort-Sprecher Thomas Ehmke sieht dabei neben den positiven Resozialisierungsaspekten aber auch „eine erhöhte Gefahr von Übergriffen“. Ehmke kann dem Gefangenen-Protest nicht viel abgewinnen: „Die Haftbestimmungen werden vom Gesetzgeber geregelt und sind keine Verhandlungssache zwischen Inhaftierten und Anstaltsleitung.“

Der Rechtssoziologe Johannes Feest hält die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen für ein häufig vorgeschobenes Argument. Ein Problem sei vielmehr der anhaltende Personalmangel, der auf knappe Kassen zurückzuführen ist. Auch Feest unterstützt die Forderung der Gefangenen nach einer Schuldenberatung ab Haftbeginn, so wie es in Bremen auch schon Gang und Gäbe war. Da ein Hungerstreik im Strafvollzug einen hohen organisatorischen Aufwand bedeutet, rät er Inhaftierten in der Regel davon ab.

Zum weiteren Verlauf des Protests vermutet JVA-Leiter Bauer, dass es den Inhaftierten lediglich „um kurzfristige Aufmerksamkeit“ geht. Über eine Sprechstunde für Einzelanliegen und die „Gefangenenmitverantwortung“ stehe Bauer weiterhin im direktem Dialog mit den knapp 600 Gefangenen. Einen Kontakt mit dem Gefangenen-Sprecher konnte er der taz jedoch nicht ermöglichen.

Elke Bahl, Vorsitzende des Vereins „Bremische Straffälligenbetreuung“ erwartet hingegen weiterhin Konflikte: „Auch wenn der Hungerstreik beendet ist, sind die Unzufriedenheiten ja trotzdem noch da.“ KFZ