Der Briefwechsel

Kein Thema ist Eltern wichtiger. Nirgendwo verbringen Kinder tagsüber mehr Zeit. Die Schule vermittelt Wissen und entscheidet mit über Erfolg und Misserfolg im Leben. Was denken SchülerInnen über Schule? Was meinen Lehrer? Hier erscheint in loser Folge ein Austausch. Lust aufs Briefeschreiben? bildung@taz.de

DIE FRAGE
Handyverbot für alle?

Vor kurzem klingelte im Unterricht das Handy des Lehrers. Das Telefonat raubte 5 Minuten des Unterrichts. Ich persönlich habe kein Problem damit, dass man im Unterricht sein Handy anhat und auch mal telefoniert, da es immer sein kann, dass jemandem etwas zugestoßen ist. Doch als letztens das Telefon meiner Freundin klingelte, da sammelte der Lehrer es sofort ein. Ihre Mutter musste es abholen und anschließend zum Gespräch mit der Schulleitung.

Ich frage mich, wieso nicht auch für Lehrer ein Handyverbot im Unterricht gilt? Lehrer sollen ihren Schülern doch nicht nur Schulwissen lehren, sondern ihnen auch ein Beispiel geben, wie man sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat. Hier zeigt der Lehrer, dass er höher steht und damit mehr Rechte hat.

Ich kann mir vorstellen, dass einige Schüler, die das Verhalten des Lehrers beobachtet haben, dem Beispiel später folgen werden. Wenn sie später im Job eine Sprosse höher auf der Karriereleiter stehen als andere, glauben sie, sie können sich auch mehr als andere erlauben. Haben Sie einmal darüber nachgedacht inwieweit Sie Ihre Schüler schon auf diese Art beeinflusst haben?

Marie Rozoum, 15 Jahre, besucht die 10. Klasse eines Gymnasiums in Berlin

DIE ANTWORT
Handys mal zu Hause lassen!

Wenn Lehrer ein Ranking zum Thema „Was uns am meisten im Unterricht nervt!“ erstellen müssten, der „Handykonsum“ würde gewiss weit oben rangieren. Ich selbst bin werktags quasi alleinerziehend und habe das Handy in der Hosentasche. Meine Schüler wissen Bescheid. Wenn es klingelt und ich nicht wegen der Kinder angerufen werde, dann spendiere ich der Klasse Schokolade. Inzwischen passiert dies nicht mehr, weil ich das Handy auf lautlos stelle.

Sollte dein Lehrer tatsächlich fünf Minuten im Unterricht telefoniert und dieses Telefonat weder begründet noch sich dafür entschuldigt haben, ist das eine Unverschämtheit von ihm und durch nichts zu rechtfertigen. Lehrer sollten – da gebe ich dir vollkommen recht – ein Vorbild sein. Und Schüler sollten begreifen, dass Handys im Unterricht nichts zu suchen haben. Sie gehören ebenfalls in die (Hosen)-Tasche. Eingestellt auf lautlos.

Aus einem ganz einfachen Grund: Handys werden viel zu häufig als Dopingmittel eingesetzt. Schüler dopen mithilfe des Handys ihre eigenen Leistungen. Neulich definierte mir eine Schülerin lexikonreif den Begriff „Revolution“. Die Nachbarinnen grinsten. Ich war zunächst verblüfft, dann wütend, weil die Schülerin vom Display ihres Handys einen Wikipediaeintrag vorlas. In einem solchen Fall kann ich verstehen, dass man das Handy einkassiert und die Eltern kommen lässt.

Wie soll man als Lehrer unterscheiden, ob jemand wirklich nur kurz auf die Uhr schaut oder ob er gerade etwas googelt? Und simsen? Stört ja keinen??? Doch! Das stört gewaltig. Spätestens wenn die Schüler eine Partnerarbeit machen und derjenige, der gesimst hat, keine Ahnung hat, worum es eigentlich geht, dann stört das Simsen sogar die Nachbarn.

Vor Kurzem kam ein Schüler vor der Stunde und fragte, ob er sein Handy anlassen könne. Er erwarte einen wichtigen Anruf. Ich habe es ihm erlaubt. In Ausnahmefällen ist so was möglich. Der Regelfall sollte sein: Handys aus und vom Tisch!

Was ich dir und deinen Mitschülern empfehlen möchte: Lasst eure Handys einfach mal einen Tag zu Hause. In den Pausen redet ihr miteinander und schaut euch dabei an. Ich bin überzeugt davon, dass euer Schulalltag viel entspannter ohne Handys wäre.

Arne Ulbricht, 41 Jahre, unterrichtet an einem Berufskolleg in Nordrhein-Westfalen Französisch und Geschichte.