Paderborner Saftladen macht in Müll

Die Saft- und Marmeladenfabrik Stute braucht billigen Strom. Liefern kann den eine neue Müllverbrennungsanlage. In zwei Wochen soll der Bauantrag gestellt werden – doch Anwohner fürchten giftige Abgase durch Billig-Technik

PADERBORN taz ■ Neben süßer Marmelade und fruchtigen Säften beschäftigt sich das Paderborner Unternehmen Stute jetzt mit einem Projekt, das mit Frühstücks-Romantik nur wenig zu tun hat: Müll. Das Unternehmen, eines der führenden in der Branche oder „Europas größten Saftladen“, wie die Paderborner sagen, will günstigen Strom aus verbranntem Müll nutzen. Das dazu nötige Heizkraftwerkes soll im Gewerbegebiet Mönkeloh, quasi vor der Haustür von Stute, entstehen.

Bauen will das Kraftwerk, das landläufig unter Müllverbrennungsanlage firmiert, die KMG Kraftwerksgesellschaft Mönkeloh GmbH & Co. KG. Dahinter steht das Entsorgungsunternehmen Stratmann aus dem Sauerland. „Wir wollen nur den Strom verwenden“, sagt Michael Berghorn, Geschäftsführer der Stute Nahrungsmittelwerke. „Höchstwahrscheinlich“, fügt er noch an. Und eigentlich sei es noch zu früh, überhaupt über das Projekt zu berichten. „Der Bauantrag ist ja noch nicht einmal gestellt.“ Bei der Firma Stratmann hält man sich noch bedeckter. Kein Kommentar.

Ein Marmeladen-Produzent und ein Abfallentsorger – wie passt das zusammen? Ganz gut, findet der Paderborner Grünen-Politiker Horst Schulze-Stieler. „Da tun sich zwei zusammen“, unkt er. Die Interessenlage der Unternehmen sei klar. Stute wolle sich, wie andere Unternehmen auch, unabhängiger von den großen Energieversorgern machen. „Und Stratmann will seinen Müll loswerden“, sagt der Grüne.

Gerade das ist aber nicht mehr so einfach, seitdem die „Technische Anleitung Siedlungsabfall“ (TASI) im Jahr 2005 in Kraft getreten ist. Die TASI besagt, dass Hausmüll nicht mehr unvorbehandelt deponiert werden darf. Demnach sei der Bau von Anlagen wie der in Paderborn „staatlich gewollt“, folgert Stute-Geschäftsführer Berghorn. „Da muss eine stoffliche Verwertung erfolgen“, sagt er.

115.000 Tonnen Haus- und Gewerbemüll, vor allem Kunststoffe, sollen in dem Heizkraftwerk in Paderborn pro Jahr verbrannt werden – und zwar offensichtlich so schnell wie möglich. Der Bauantrag soll nach Stute-Informationen in etwa zwei Wochen gestellt werden. Die Eile ist nach Ansicht von Umweltschützern einleuchtend. „Wer zuerst da ist, bekommt den Müll und ist im Geschäft“, sagt Fritz Buhr. Er ist pensionierter Studienrat und Vorsitzender des Umweltschutzvereins pro grün in Paderborn. „Diese Anlagen schießen an vielen Stellen in ganz Deutschland aus dem Boden.“

Buhr hat sich an die Spitze der Heizkraftwerk-Gegner gestellt und in die höhere Müllverbrennungskunde eingearbeitet. Große Sorgen bereitet ihm das, was da im Gewerbegebiet Mönkeloh aus dem Schornstein kommen könnte. Hochgiftige Arsene und Quecksilber könnten das sein. „Das Teure beim Bau eines solchen Kraftwerks ist die Rauchgas-Reinigung.“ Verständlicherweise hätten die Unternehmen dafür nicht viel übrig. „Das Heizkraftwerk ist als Billigversion geplant“, kritisiert er. Dagegen wehrt man sich bei der Firma Stute vehement. „Die Grenzwerte werden peinlich genau eingehalten werden“, sagt Geschäftsführer Berghorn.

Als große Unbekannte in der Rechnung hat Naturschützer Buhr die Windrichtung ausgemacht. Laut Unternehmen zögen die Rauchfahnen in Windrichtung West-Ost über unbebautes Gebiet in Richtung Egge-Gebirge, sagt er. „Aber wenn wir Ostwind haben oder der Wind Süd-West steht, dann ziehen die über Wohngebiete.“ Er will kämpfen bis zum Schluss: „Wenn die Anlage kommt, dann wenigstens auf dem neusten Stand der Technik.“

KATHARINA HEIMEIER