Was soll da geschützt werden?

INTERESSEN Obama wirbt für das Freihandelsabkommen TTIP. Der Investorenschutz bleibt umstritten: Industrielle sind dafür. Berlins Wirtschaftsministerium findet ihn überflüssig. Attac ist dagegen

Die Verhandlungen über den Investorenschutz waren bislang geheim

BERLIN taz | Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, für das Präsident Barack Obama jetzt in Brüssel warb, laufen schon seit dem vergangenen Sommer. Das Ziel ist eine riesige Freihandelszone, genannt „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“ (TTIP). In den vergangenen Wochen gerieten die Gespräche aber ins Stocken, weil es erhebliche Kritik an einzelnen Punkten gibt.

Vor allem der Investorenschutz erregt die Gemüter. EU-Handelskommissar Karel de Gucht hat daher angekündigt, den Investorenschutz aus den Verhandlungen zum TTIP herauszunehmen, um ihn öffentlich zu diskutieren. Über das restliche TTIP soll weiterverhandelt werden – wie bisher hinter verschlossenen Türen.

Zum Investorenschutz soll es dagegen in den nächsten Monaten eine öffentliche Debatte geben. NGOs und andere Gruppen können dazu Stellungnahmen beim EU-Handelskommissariat einreichen. Dafür will de Gucht noch in dieser Woche Details zum Investorenschutz veröffentlicht, denn wie dieser aussieht, weiß bisher niemand genau – die Verhandlungen waren ja bislang geheim. Trotzdem melden sich schon jetzt Politiker und Wirtschaftsvertreter zu Wort. Es zeichnen sich zwei Positionen ab: Die einen wollen den Investorenschutz reformieren. Die anderen wollen ihn ganz streichen.

Der Investorenschutz ist üblicherweise Teil von Freihandelsabkommen. Er gibt Unternehmen die Möglichkeit, bei einem Politikwechsel vor internationalen Schiedsgerichten gegen den Staat zu klagen, wenn das Unternehmen seine Investitionen bedroht sieht.

Politikwechsel verhindern

So konnte etwa der schwedische Konzern Vattenfall die Bundesregierung wegen des Atomausstiegs vor Gericht zitieren und Schadenersatz fordern. Eine Entscheidung steht noch aus. Grundlage der Vattenfall-Klage ist die Energiecharta, die ebenfalls Investorenschutzklauseln enthält. Im Gegensatz zur Energiecharta – einem Abkommen, das nur im Energiesektor gültig ist – würde das TTIP sämtliche Wirtschaftsbereiche zwischen der EU und den USA regeln. Deshalb befürchten Globalisierungskritiker, dass Klagen von Konzernen gegen Staaten zunehmen werden und die Konzerne so das Recht der Staaten einschränken, Gesetze zu erlassen.

Welche Positionen zum TTIP gibt es? Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) befürwortet den Investorenschutz grundsätzlich, will ihn aber „weitgehend“ reformieren, wie es in einem unveröffentlichten Positionspapier heißt. Der BDI fordert vor allem mehr Transparenz von den Schiedsgerichten: Urteile sollen veröffentlicht und Richter transparent ausgewählt werden. Bislang ist es so, dass die Schiedsgerichte ihre Urteile geheim fällen. Dadurch sollen Geschäftsgeheimnisse der Konzerne gewahrt bleiben, heißt es oft. Allerdings betreffen die Urteile nationale Interessen, wie die Vattenfall-Klage zeigt.

Die Bundesregierung steht dem Investorenschutz ablehnend gegenüber. Das Bundeswirtschaftsministerium hält Investitionsschutzvorschriften nicht für erforderlich, da sowohl die EU als auch die USA genügend Rechtsschutz vor nationalen Gerichten gewähren. Vattenfall hätte eigentlich auch vor ordentlichen nationalen Gerichten klagen können – wie übrigens deutsche Energiekonzerne auch.

Ein solches paralleles Justizsystem ist aus Sicht des Wirtschaftsministeriums überflüssig. Auch Exweltbankchef Zoellick hält den Investorenschutz für verzichtbar. Der US-Wirtschaftspolitiker sagte zu Spiegel Online, in einem Handelsabkommen mit Australien habe man weitgehend auf entsprechende Klauseln verzichtet.

Globalisierungskritische Gruppen wie Attac oder Powershift würden den Investorenschutz am liebsten ganz streichen. Allerdings stellen sie ohnehin das gesamte Freihandelsabkommen mit den USA infrage, weil es ihrer Ansicht nach vor allem den Interessen von Konzernen dient. MAIKE BRZOSKA