Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Der Wahlerfolg der NPD in Mecklenburg-Vorpommern war die Schauderstunde der vergangenen Woche. Vor uns liegt die von der Bundesregierung einberufene Islamkonferenz. Wäre eine „Christenkonferenz“ ebenso vorstellbar?

Ohne die Mitarbeiter ausländischer Herkunft könnte Opel dichtmachen. Ohne nicht deutschstämmige Kunden aber erst recht

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Entscheidung des Bundestags zum Libanon-Einsatz.

Was wird besser in dieser?

Das erst mal nicht.

In dieser Woche dürfte sich entscheiden, ob in Berlin eine rot-rote oder eine rot-grüne Koalition zu Stande kommt. Käme es zum ersten Mal nach Schröder/Fischer zu Rot-Grün, hätte das eine Signalwirkung?

Das Traumpaar Künast/Wowereit könnte weltoffen und modern anmuten – jedenfalls im direkten Vergleich zur diese Woche angedrohten Gemütsjunta Beck/Brüderle. Das dann übermorgen. Heute wäre es für die Grünen die „etwas hat überlebt“-Nachricht, für die PDS die Chance, sich wieder ungeteilt aufs wohlfeile Besserwissen zu konzentrieren. Und für die SPD ein Koalitionspartner, der mit Blick auf seine bundespolitische Bedeutungslosigkeit jede Krötenwanderung pragmatisch in sein aufgesperrtes Schnütchen leitet.

Sollten die Grünen sich künftig auch für andere Koalitionen öffnen?

Ja, mit der Friedensbewegung zum Beispiel, aber da sehe ich unüberbrückbare Hindernisse.

Am Dienstag tagt der DGB zum Thema „Familienpolitik konkret: Beruf und Familien vereinbaren“. Auch Frau von der Leyen ist dabei. Was kann sie den Gewerkschaften dazu wohl raten?

Ihre Vorgängerin Renate Schmidt schirmfraut schon länger das DGB-Projekt „Vorfahrt für Familien“ mit Pilotversuchen zu Kinderbetreuung, Arbeitszeiteinteilung und so weiter. Die Fragestellung „Beruf und Familie vereinbaren“ ist für ein paar Millionen, vor allem Frauen, eher dadaistisch – sie wären ja froh, den Beruf zu haben, den sie mit irgendwas vereinbaren können. Deshalb wäre es ein kluger Beitrag von der Leyens, die Möglichkeiten für Väter zu fördern, den Beruf zu Gunsten der Familie einzuschränken.

Könnten wir hier nicht auch vom skandinavischen Modell lernen?

Die Sozis abwählen, also? Hamwerdoch.

Am Mittwoch kommt es zur „Islamkonferenz“. Regierungsvertreter treffen sich mit den Chefs einiger muslimischer Verbände in Deutschland. Was erwarten Sie angesichts der Kontroverse um die Papstrede davon?

Wäre eine „Christenkonferenz“ denkbar? Würde die Bundesregierung wählen, welchen Religionsverband sie einladen, welchen sie durch den Verfassungsschutz beobachten ließe? Die vier eingeladenen Verbände beanspruchen, über 50 Prozent der hier lebenden Moslems zu vertreten, die Bundesregierung schätzt ihren Vertretungsanspruch weit geringer. Die einflussreichen und mitgliederstarken „Milli Görüș“-Gruppen sind ausgeschlossen und dem Verfassungsschutz überantwortet. Das mag begründbar sein, zeigt aber die geringe Chance auf Reichweite der Veranstaltung.

Und während NRW-Integrationsminister Laschet ein „Bekenntnis der Moslems zum Grundgesetz“ fordert, verhandelt seine Parteichefin Merkel über ein „Bekenntnis zum christlichen Glauben“ in der EU-Verfassung. Da war das Preußen des Alten Fritz moderner.

Die Muslime sehen sich seit den Anschlägen vom 11. September 2001 oft unter dem Generalverdacht, potenzielle Terroristen zu sein. Würde es helfen, wenn sie in einer Art „Aufstand der Anständigen“ gegen muslimische Terroristen konzertiert demonstrierten – oder wäre so etwas kontraproduktiv?

Naja, ich finde, islamistische Terroristen distanzieren sich ausreichend vom Islam.

Diese Woche klagen DVU und NPD, um Wahlwerbung mit dem Opelzeichen machen zu dürfen. Letzte Woche trafen sich die Parteivorsitzenden, um über Bündnisse zu beratschlagen. Droht uns eine braune Front?

Ohne die 2.700 Mitarbeiter ausländischer Herkunft könnte Opel Deutschland zumachen. Und ohne die nicht deutschstämmigen Kunden erst recht. Vom Urheberrecht her betrachtet hätten die Nazis doch eher eine Chance auf „Volkswagen“. Riskanter ist da schon die Praxis, dass die DVU – bisher meist Drückerkolonne für Gerhard Freys Devotionalienhandel – mit NPD und Reps weiter Gebietsabsprachen und Stillhalteabkommen schließt. Der Bundeswahlleiter müsste danach ein konkurrierendes Antreten der insgeheim verbündeten Parteien bei der nächsten Bundestagswahl untersagen.

Nach den Erfolgen in Sachsen und MeckPomm könnten die Rechten in Bremen ins Parlament einziehen, in Bremerhaven sind sie es schon. Wie sollten die anderen Parteien reagieren?

Das war die Schauderstunde der abgelaufenen Woche: Auf der einen Zeitungsseite breitgesäßige Kommentare, wonach das demokratisch gefestigte, zuverlässige neue Deutschland auch gern mal Truppen in den Nahen Osten schicken darf – umblättern – Wahlberichterstattung, 30 Prozent Nazi-Stimmen in MeckPomm. Die demokratischen Parteien sollten sich abgrenzen: Wähler können so ungenaue Veranstaltungen wie die oben besprochene „Islamkonferenz“ als die Schwurbelversion der NPD-Wahlplakate gegen Ausländer lesen.

Ende der Woche ist der Tag des Flüchtlings. Sollten die europäischen Länder angesichts der vielen Illegalen hier und der dramatischen Fluchtversuche übers Mittelmeer ihre Asylpolitik überdenken?

Die patente deutsche Idee, außer dem Transit des Frankfurter Flughafens keine Berührung mit dem Rest der Welt zu haben, ist schon länger nicht haltbar.

Neuerdings beschimpfen deutsche Fans wieder die ausländischen Spieler in den eigenen oder gegnerischen Mannschaften. Wie sollten die Vereine reagieren?

Hart.

Und was macht Borussia Dortmund?

Zwei Kapitalerhöhungen, Verkauf des Stadionnamens, Halbierung des Mannschafts-Etats, Rückkauf des Stadions – und nach 2 Jahren Sanierung ein Rest von 20 Millionen Schulden. Gebt ihnen als Nächstes die Deutsche Bahn. FRAGEN: DAH