DER RECHTE RANDWarum ein Nazi- Aussteigerprogramm in der Kritik steht
: Problem Verfassungsschutz

Die Kritik reißt nicht ab: Aus Sicht von Grünen und Linksfraktion im niedersächsischen Landtag stellt das Programm „Aktion Neustart“ kein seriöses Angebot zum Ausstieg aus der rechtsextremen Szene dar. Vielmehr übertrage das Innenministerium dem Verfassungsschutz (VS) „erneut Aufgaben, die nicht zu seinen Aufgaben gehören“, sagt der Innenpolitische Sprecher der Grünen, Ralf Briese. Seine Linken-Kollegin Pia Zimmermann verweist auf das Bundesverfassungsschutzgesetz, wonach „politische Bildung und Aussteigerbetreuung von Neonazis“ nicht zu des Dienstes Pflichten zählten.

Am Montag hatten Innenminister Uwe Schünemann (CDU) das Programm vorgestellt: Gezielt sollen VS-Leute junge Rechte ansprechen, die noch nicht fest in der Szene sind. Über die Notwendigkeit müsse gar nicht gestritten werden, sagt Briese, aber sehr wohl darüber, ob der VS dabei mitmischen soll. „Was sollen Jugendlichen denn denken“, fragt der Grünen-Abgeordnete, „dass sie für den Ausstieg oder das Ausspionieren gewonnen werden sollen?“

Innenminister Schünemann erklärte, dass durch die „Aktion Neustart“ keine V-Leute gewonnen werden sollten. Genau das lässt sich aus Sicht von Pia Zimmermann aber schwer überprüfen.

1998 trug der VS Nordrhein-Westfallen dem austeigewilligen Neonazi Peter V. an, lieber in der Szene zu bleiben – und Informationen zu liefern. „Ich wollte raus, nicht meine Freunde verraten“, sagt ein Neonazi-Aussteiger der taz. Eben diese Logik – dass die Zusammenarbeit mit dem VS gleich Verrat sei – könnte aus Bises Sicht den Weg zum Ausstieg aus der Szene erschweren. Schon der Umstand, dass da der VS überhaupt beteiligt sei, könnte Betroffene verunsichern. Wie Zimmermann fordert er, stattdessen die niedrigschwelligen Ausstiegsangebote von zivilgesellschaftlichen Einrichtungen besser und langfristig auszustatten.

Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland