Buttertee mit Yakfleisch

Chinas Wirtschaftskraft ist in aller Munde. Weniger Interesse gilt dabei dem seit 1950 besetzten Tibet. Dessen Kulinaria unterscheiden sich von den chinesischen. Ein Gespräch mit Palden Königsmark, Inhaber des Hamburger Tibet-Restaurants

INTERVIEW: SILKE BIGALKE

taz: Herr Königsmark, kochen Sie in Ihrem Restaurant original tibetisch oder passen Sie sich dem europäischen Geschmack an?

Palden Königsmark: Wir kochen original tibetisch, nur fügen wir zu den alten Rezepten moderne Komponenten hinzu. In Tibet essen die Menschen sehr viel Fett und Fleisch. Sie brauchen das, weil es in der höchstgelegenen Region der Erde oft sehr kalt ist. Hier in Deutschland kochen wir weniger fettig, dafür mit mehr Gemüse. Und in den Buttertee kommt hier natürlich auch nicht so viel Butter.

Sie geben tatsächlich Butter in den Tee?

Ja, im Himalaya rührt man etwa ein Pfund Butter in 20 Becher salzigen Tee. In Tibet trinken die Menschen das den ganzen Tag, weil sie im dortigen Klima viel Flüssigkeit, Salz und Fett brauchen. Doch wenn sie im Exil, in anderen Ländern, an dieser Tradition festhalten, werden sie von dem mächtigen Tee oft krank. Hier in Deutschland ist er deswegen nicht so stark.

Was isst der Tibeter zum Buttertee?

Meistens Tsampa, Gerstenmehl, das im heißen Sand geröstet wird. Tsampa wird in Buttertee oder Suppe angerührt und als Brei oder Teigkugel gegessen. Als die Tibeter das gehaltvolle Gerstenmehl immer stärker durch Reis ersetzt haben, führte das zu einer regelrechten Mangelernährung der Bevölkerung.

Ist Tsampa eine tibetische Spezialität?

Na ja, es ist wie mit dem Buddhismus. Da weiß man auch nicht so genau, wo der seinen Ursprung hat. Tsampa wird auch in Nepal und Indien gegessen, im ganzen Himalaya.

Was steht auf dem Dach der Welt an Feiertagen auf den Speiseplan?

An Hochzeiten oder zum Neujahrsfest gibt es früh morgens süßen Reis mit Butter und Doima, das sind kleine Früchte, die an Rosinen erinnern. Später gibt es Chang, das ist Reisbier. Dazu essen wir Momos – Teigtaschen – gefüllt mit getrocknetem Jagdfleisch. Hier im Restaurant sind vor allem die Kinder ganz wild auf diese Momos.

Kinder mögen getrocknetes Jagdfleisch?

Nein, in Deutschland fülle ich die Momos mit Geflügel oder Schweinefleisch. In Tibet kommt das Fleisch vom Yak, einer Art Rind. Yak ist alles für uns. Aus dem Fell machen die Tibeter wasserdichte Zelte, aus dem Leder ihre Schuhe, und den Kot lassen sie trocknen, um danach Feuer damit zu machen.

Wenn Sie Ihre Familie in Tibet besuchen, gibt es dann Yak zu essen?

Ich war schon seit 1959 nicht mehr in Tibet. Meine Frau und mich stört es sehr, dass wir uns dort nicht frei bewegen können. Die Menschen haben so viel Angst, dass sie nicht einmal frei reden. Für uns ist ein Besuch dort zu gefährlich. Aber wir fahren alle drei Jahre ins Nachbarland Nepal, um einen neuen Koch zu suchen.

Einen neuen Koch?

Ja, wir wollen hier schließlich einen Spezialitätenkoch aus dem Himalaya haben. Doch als Gastarbeiter dürfen die Köche aus Nepal nur drei Jahre in Deutschland bleiben, danach müssen wir uns einen neuen suchen. Das ist auf die Dauer ganz schön anstrengend.

Was hält denn ein tibetischer Koch von deutschem Essen?

Meine Frau und ich kochen zu Hause meistens tibetisch, aber manchmal auch deutsch. Ich esse gerne Knödel, in abgeänderte Form. Da kommen keine Semmeln rein. Dafür mache ich mir eine eine dicke Soße mit viel Chili dazu.

Gehen Sie als Restaurantbesitzer auch manchmal selber essen?

Ja, am Ruhetag montags. Dann gehen wir mit der ganzen Familie zum Chinesen.

Zum Chinesen? Als Tibeter?

Das ist uns lieber als indisch, weil die Chinesen nicht so scharf würzen.

Wenn Sie jemanden davon überzeugen wollen, statt chinesisch mal tibetisch essen zu gehen, was sagen Sie ihm?

Ich sage ihm, dass wir mit frischen, extra aus Tibet eingeflogenen Gewürzen kochen, für die es nicht mal einen deutschen Namen gibt. Unsere Freunde bringen uns dreimal im Jahr diese körnerartigen Gewürze mit. Manche sehen auch aus wie Erbsen, Mais oder Holz. Wir trocknen und mahlen sie erst hier, immer nur soviel, wie wir gerade brauchen. So bleiben die Gewürze wesentlich länger frisch. Der Buttertee, den es bei uns gibt, kommt übrigens auch direkt aus Tibet. Den gibt es nämlich wirklich nur dort.

www.tibet-restaurant.de