DIE BENQ-BITTE UM SOLIDARITÄTS-HANDYKAUF GEHT ZU WEIT
: Die Verbraucher sind nicht schuld

Jetzt sollen es also die Verbraucher richten. Wenn wir uns und unseren Lieben zu Weihnachten alle schöne BenQ-Handys kaufen, könnten die 3.000 Arbeitsplätze der insolventen früheren Siemens-Sparte vielleicht doch noch gerettet werden. Das sagt zumindest der Chef von BenQ Mobile.

Nun ist ja seine Verzweiflung nachvollziehbar. Und gewiss ist auch die Angst vor noch stärkeren Absatzeinbrüchen berechtigt, denn niemand wird gerne bei einem Blick aufs Handy an die Abzocker-Mentalität globaler Unternehmen aus Europa oder Fernost erinnert.

Aber um einen Solidaritäts-Handykauf zu bitten, das geht dann doch zu weit. Denn es ist nicht der Verbraucher, der für das traurige Kapitel BenQ-Siemens verantwortlich ist. Zunächst einmal haben die Münchener ihre Handy-Sparte durch veraltete Produkte und schlechtes Management über Jahre an die Wand gefahren. Und es war die Ausrichtung an börsenfreundlichen Renditezielen, weswegen sich Siemens gegen eine Sanierung und für die Weitergabe des Geschäfts entschieden hat.

Clever gedacht, weil man sich so unangenehme Kündigungen vom Hals schaffte. Aber nicht clever genug für die Manager aus Taiwan. Denen war der Karren, den sie aus dem Dreck ziehen sollten, dann doch zu schwer. Sie lassen ihn nach nur einem Jahr einfach stehen, allerdings erleichtert um eine halbe Milliarde Euro Mitgift, wichtige Patente und eine trotz Imageproblemen wertvolle Marke.

Das wären ja eigentlich genügend Gründe, BenQ-Siemens-Handys gar nicht mehr zu kaufen. Doch ein Boykott nützt jetzt nichts mehr, die Einzigen, die noch weiter unter Druck gerieten, wären die Mitarbeiter in Bocholt, München und Kamp-Lintfort.

Wer also ein BenQ-Handy aus welchen Gründen auch immer kaufen will, soll dies tun. Und wer doch lieber zu Nokia, Sony oder sonst wem greift, braucht kein schlechtes Gewissen zu haben. Er sucht nur nach der für ihn günstigsten Problemlösung, die ihm die Marktwirtschaft bietet. So wie es die Manager von BenQ und Siemens auch getan haben. STEPHAN KOSCH