Prämierter Rassismus

Ein vom Land NRW ausgezeichneter Autor hat ein „rassistisches Nachwort“ so die Autorin Heike Brandt

Um das erfolgreichste Jugendbuch des Jahres ist ein Rassismus-Streit ausgebrochen. Der niederländische Schriftsteller Dolf Verroen hat nach dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis der Landeszentrale für Politische Bildung NRW nun auch den Deutschen Kinder- und Jugendliteraturpreis in der Kategorie Jugendbuch für „Wie schön weiß ich bin“ gewonnen. Bereits vor der Verleihung am Freitagabend auf der Frankfurter Buchmesse hatte die Berliner Autorin und Übersetzerin Heike Brandt Flugzettel verteilt. Das Buch beinhalte eine „fatale Botschaft“ und bediene „rassistische Klischees“, kritisierte Brandt. Nach der Preisverleihung kündigte Heike Brandt im Gespräch an, sie wolle sogar den Gustav-Heinemann-Friedenspreis zurückgeben.

Am 13. November will Armin Laschet, NRW-Integrationsminister, den Preis in der Stadtbibliothek Essen inklusive 7.500 Euro an Verroen überreichen. Sollte Heike Brandt dem NRW-Ministerium ihren Preis tatsächlich wie angekündigt „vor die Füße werfen“, stehen dem Gremium weitere Diskussion ins Haus. Dolf Verroens „Wie schön weiß ich bin“ spielt im besetzten Afrika des 19. Jahrhunderts auf einer Plantage. Die zwölfjährige Maria hält sich auf ungeheuerlich naive Weise einen geschenkten Sklaven – sie kommandiert Koko („Husch! Husch!“), sie ohrfeigt ihn, demütigt ihn; Maria findet das normal. Heike Brandt kritisiert besonders das Nachwort. Das spielt nämlich heute, genauer 1976, als der Autor selbst nach Afrika reiste und ähnlich naiv über seine Eindrücke dort schwadroniert wie die zwölfjährige Sklavenhalterin seiner Story. Im Nachwort heißt es: „Als Kind, das den zweiten Weltkrieg erlebt hat, schockierte mich, dass die grausamsten Sklavenhalter jüdische Familien gewesen waren. Aus Opfern wurden auf einmal Täter; etwas, das ich nur schwer begreifen konnte.“ Die Berlinerin Brandt kritisiert vor allem diese ungenaue und „für ein Kind unbegreifliche Formulierung“: „Man kann das nicht in einen Topf schmeißen und zusammenkochen. Ich verstehe nicht, wie ein Verlag so ein Nachwort überhaupt abdrucken kann.“

DIRK TIETENBERG